Soll man in Coronazeiten Aktivitäten propagieren, die in weiten Teilen der Bevölkerung umstritten sind? Ich finde: Ja, bei Kleinstskigebieten darf man das.
Denn gerade “Micro Ski Areas” ohne geschlossene Gondeln oder Sesselbahnen mit Hauben (und wenig Andrang) ermöglichen es perfekt, sich kleine Oasen im Alltag zu schaffen, der für uns alle zusehends zermürbender wird. Eine Aktivität an der frischen Luft mit genug Abstand zu anderen Menschen – was will man mehr?
Teil 44 dieser Serie handelt vom Solothurner Hausskigebiet am Balmberg, idyllisch gelegen gleich unter der Rötiflue, die momentan mit einer hochalpin anmutenden Schneewächte versehen ist.
Man kennt vielleicht das Kurhaus, wo man sich nach kleinen Herbstwanderungen vom nahen Weissenstein her jeweils stärkt, bevor man das Postauto nach Soläduurn runter besteigt.
Der erste Skilift erblickte hier anno 1964 das Licht der Welt. Die WSO-Anlage ist erfreulicherweise weitgehend im Original erhalten, samt den Skiliftbügeln von damals. Aber nein, nicht etwa am Kählenhang, sondern – neu platziert – als Bödeli-Lift am Nordhang hinten.
Der Skilift Kähle wurde 1973 ebenfalls von Städeli neu erstellt und dank einer Brücke auch verlängert.
Die WSO-Anlage im “Kähle”-Kessel, wunderschön zwischen Laub- und Nadelbäumen eingebettet, ist heute noch das Arbeitspferd des Gebietes. Sie hat für so einen kleinen Lift ordentlich Pfupf. An beiden Liften findet sich an den legendären und schier unzerstörbaren SL-7-Gehängen sogar noch etwas toter Plastik aus den frühen 1970ern.
Den Borer-Lift “Höfli” von 1985 am flachen Übungshang auf der anderen Seite des Kurhauses haben wir heute ausgelassen. Bilder davon hat es z.B. auf stahlseil.ch.
Das Skigebiet perfekt komplettiert hat bis vor wenigen Jahren die imposante, steile Anlage “Röti” samt Zwirbelkurve, erbaut 1970.
Leider fiel dieses Kleinod im letzten Jahrzehnt dem abrutschenden Terrain zum Opfer. Immerhin konnte ich den WBB-Bühler-Lift anno 2005 noch benutzen, leider aber nur mit der heute steinzeitlich anmutenden Auflösung von 640×480 Pixeln filmen. Oder waren’s sogar bloss 320×240? Jedenfalls Mäusekino ohne Stabilisator:
Mehr Bilder vom Röti-Lift sind in diesem Album auf skiliftfotos.ch und bei stahlseil.ch zu sehen. Dort sieht man auch noch mehr von den genialen, anspruchsvollen Pisten, welche dieser Lift erschlossen hat – schade, dass diese nun komplett weggefallen sind.
Andererseits ist das heute noch Gebotene mehr als genug für ein besuchenswertes kleines Juraskigebiet. Damit zurück in die Gegenwart.
War der Bödeli-Lift in den Nullerjahren für die damalige Trendsportart “Airboard” reserviert, ist er heute wieder für alle offen. Die eher “autobahnmässige” Abfahrt – mit Blick nach Welschenrohr und die weiteren Juraketten…
… ist die perfekte Alternative zum interessanten, coupierten, kesselartigen Gelände am Kähle-Lift.
Zum ersten Mal am Balmberg Skifahren sollen hätte ich 1982 an einem Schülerskirennen, das leider Schneemangel zum Opfer fiel. So erfolgte meine Premiere in Februar 2004 beim Nachtskifahren, das hier nach wie vor angeboten wird (Bilder von vor 17 Jahren hier). Vermutlich ist es eine der besten Nachtskipisten des Landes! Informationen dazu finden sich auf der gut gepflegten Website der Station.
Auf dieser Website kann man die Geschichte des Skifahrens am Balmberg nachlesen. Unter anderem erfährt der geneigte Leser bzw. die geneigte Leserin hier:
Im Sommer 1963 machten sich die drei Gründungsfamilien Sterki (Günsberg), Ryf und Kurth (beide Attiswil) an die Verwirklichung eines Traums und bauten auf dem Balmberg den Skilift «Kähle». (…) Aus einer «Schnapsidee» zweier Freunde wurde vor 40 Jahren Realität. Skifans mussten nämlich fortan ihre Bretter nicht mehr schultern und mühsam den Balmberg hinauftragen, sondern konnten sich bequem vom Skilift ziehen lassen. (…) Die erste Panne liess auch nicht lange auf sich warten. «Bereits am zweiten Betriebstag rauchte der Motor des Skilifts nur noch und musste schon repariert werden» (…) Da die Skilifte auf dem Balmberg lange von zwei Gesellschaften betrieben wurden, gestaltete sich die Abrechnung jedes Jahr ziemlich kompliziert. 1997 wurde die «Gesellschaft Skilift Mittlerer Balmberg AG» schliesslich von der «Sportanlagen Balmberg AG» übernommen.
In meinem Archiv ist eine der damals eingereichten Offerten für den Skilift erhalten:
Sie stammt von Theo Brunner, der damals bei der Firma “SKIMA” in Zürich arbeitete (Rest der Offerte am Schluss dieser Galerie) – sinnigerweise kam dann aber Brunners Ex-Arbeitgeber Walter Städeli zum Zug, dessen Technik Brunner entwickelt hatte (und bei “SKIMA” sehr ähnlich anbot). Doch diese Geschichte – die Privatfehde zweier Skilifttüftler der frühen 1960er – haben wir anderswo beleuchtet.
Leider windete es letzten Mittwoch stark, die nahende Störung machte sich bemerkbar. Bisweilen waren die Pisten mit Ästen und Blättern übersät.
Fazit: Geniales kleines Juraskigebiet zwischen 950 und 1300m, für alle etwas, von vielen Mittelland-Agglos gut zu erreichen. Einziger Wermutstropfen am Besuchstag: Nach dem Nachtskifahren wurden die Kählen-Pisten nicht frisch präpariert. Ein Fauxpas, aber gut verkraftbar. Die Covid-19-Regeln konnten problemlos eingehalten werden.
Mehr Bilder in diesem Album. Das Video des Besuchs:
Nach dem Skimorgen im Solothurner Jura wechselten wir in den Baselbieter Jura nach Langebruck. Bilder davon hier, Video hier. Ein früher Bericht findet sich hier.
Die bisherigen Teile dieser Serie
Eggiwil / Marbach und Bumbach / Les Breuleux und Tramelan / Nachtskifahren Linden / Selital (Gantrisch) / Hohe Winde / Grandval / Engstligenalp / Langenbruck / Prés-d’Orvin / Faltschen / Aeschiallmend / Gantrisch-Gurnigel / Les Bugnenets-Savagnières / La Corbatière / Rüschegg-Eywald / Dent de Vaulion / L’Audibergue (F) / Gréolières-les-neiges (F) / La Berra / Habkern / Heiligkreuz / Vallée de Joux / Elsigenalp / Eriz / Eischoll-Unterbäch / Le Pâquier Crêt du Puy / Chuderhüsi und Linden / Grenchenberg / Ottenleuebad / Homberg / Lauchernalp / Rastello-Turra (Piemont) / Col de Rousset (Drôme, Frankreich) / Mont Gibloux (Fribourg) / Heimenschwand / Ste-Croix Les Rasses / Blumenstein / Fischenthal / Schwanden-Sigriswil / Rothwald / Gspon / Jeizinen-Feselalp
Nach Regionen
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Wallis: Eischoll-Unterbäch / Lauchernalp / Rothwald / Gspon / Jeizinen-Feselalp
Westschweiz und Jura: Les Breuleux und Tramelan / Grandval / Langenbruck / Prés-d’Orvin / Les Bugnenets-Savagnières / La Corbatière / Dent de Vaulion / La Berra / Vallée de Joux / Le Pâquier Crêt du Puy / Grenchenberg / Mont Gibloux (Fribourg) / Ste-Croix Les Rasses