Die Woche vor dem grossen NEAT-Durchstich steht in JacoBlök ganz im Zeichen des Gotthard-Basistunnels. Im letzten Beitrag war zu sehen, wie die Landschaft über den beiden Röhren aussieht.
Heute gehts in den Untergrund.
Dieser Beitrag ist am 6. Dezember 2009 bereits erschienen; der Rohstoff ist nochmals ein Jahr älter. Damals kam man – rund einen Kilometer unter dem Stausee Nalps – kaum mehr als einen Meter täglich nach Süden voran. Aus aktuellem Anlass käuen wir den Post hier wieder.
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Das Wasser, das in Hülle und Fülle von der Decke tropft, fühlt sich an wie aus dem Warmwasserhahnen. Es duftet leicht nach Schwefel. Der Fels kann von Hand zermalmt werden – kein Wunder, mögen ihn die Mineure nicht. Das Gestein ist warm, das Echo des Urknalls wird fühlbar.
Hinter dieser Wand muss das Höllentor sein.
Ich lasse das Graben; womöglich bohrt sich mein Finger hinter der nächsten Schieferplatte in den Dreizack des Leibhaftigen.
Vor einem Jahr durfte ich mit meinem Bruder, der im “Loch” als Elektromonteur arbeitete, in den Gotthard-Basistunnel runter. Dahin, wo dereinst die Züge mit Temp 200 durchbrausen werden. In ein Labyrinth aus Schächten, Stollen, Gängen – und Sprachen: Ossis, Ösis, Italiener, Schweizer, Portugiesen undsoweiter brechen hier die NEAT aus.
Immer wieder knallt es an der Decke: Der Berg wehrt sich. Ende 2008 durchquerte man die geologisch äusserst mühsame Zone, ziemlich genau unter dem Stausee Nalps. Hier wurde eine neuartige Technologie angewandt: Es wurde ein grösserer Tunnel als geplant herausgebrochen, der hohe Gesteinsdruck deformierte die eingebauten Spezialstahlringe kontrolliert auf die spätere Querschnittsgrösse.
Unterwegs mit der Standseilbahn zum Bauplatz am Rhein
Richtung Norden sind die beiden Tunnelröhren schon fast fertiggestellt
Ganz vorne, wo der Tunnel entsteht – Ausbruch in schwierigstem Gestein: Konventioneller Vortrieb nach Süden, anderthalb Kilometer unter dem Nalpser See, mit Spezialverstrebungen, die sich unter dem Bergdruck kontrolliert verformen
Der Raum rechts wäre die Haltestelle “Porta Alpina” gewesen – nun, die Kavernen sind vorhanden, wer weiss, eines Tages…
Kreuzungsstelle unterhalb Sedrun: Der einzige Ort im Gotthard-Basistunnel, wo die Züge die Röhre wechseln können
Etwas Eigenwerbung samt Tagging muss sein: Dies ist der Ort mit der höchsten Überdeckung, an dem dieser Blog garantiert je war…
Und natürlich gibts zum Besuch im Gotthard-Basistunnel noch mehr Fotos – und auch einen Film.
Besuch in der NEAT: YouTube-Video von der Reise zur Basistunnel-Baustelle im Dezember 2008 | |
Durch den Schlamm waten wir zurück zur improvisierten Bahnstation mitten im Berg. Der Holperzug fährt zurück zum Schachtkopf. Eine verhältnismässig rasante Fahrt – man fühlt sich schon fast wie im IC Zürich-Milano anno 2018.
Per Lift gehts noch schneller wieder auf 1300 Meter Meereshöhe hoch, der TGV Tujetsch (“Train à grande vibration”) spuckt die Mineure und den inkognito eingeschleusten Besucher wieder aus dem Berg. Über dem tief verschneiten Sedrun ist die Nacht eingebrochen – kein Mensch käme auf die Idee, dass emsige Ameisen tief unten am Berg kratzen.
Am kommenden Freitag werden wir natürlich in Sedrun vor Ort “den grossen Tag” verfolgen. Hier mehr dazu!
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