Trash-Hotels in Zermatt: Was sich Schweizer Dreisternehäuser so alles leisten

Auch wenn der Ort grösstenteils ganz und gar schröcklich ist und der Schreibende sonst eher auf kleine, tendenziell verlassene Bergdörfer steht: Als Skifreak kommt man um Zermatt nicht ganz herum, gerade ganz früh oder sehr spät in der Saison. So kommt es, dass sich Pistenfreundinnen und -freunde nicht ganz freiwillig in den Bergort mit den meisten Kränen, den teuersten Tageskarten und vielen grauenvollen Bauten begeben.

Zermatt ist einer der Orte, die von einem guten Namen leben – und so fällt auf, dass viele im Tourismussektor aufgegeben haben, sich Mühe zu geben; “der Gast kommt ja sowieso”.

Das beginnt bei den Bergbahnen, die zwar ein wundervolles Skigebiet haben, aber kaum auf Details acht geben. In diversen Stationen müssen Betonlabyrinthe mit dem Charme eines Führerbunkers durchquert werden, um von A nach B zu kommen. Der Betonbelag ist mit Skischuhen kaum gefahrlos zu begehen.

In Italien drüben – ansonsten nicht gerade für hundertprozentige Funktionalität und glanzvolle Liebe zun Detail bekannt- sind die meisten Gänge mit Teppichen oder Kunststoffbelägen ausgestattet; es läuft sich in Skischuhen nicht nur angenehmer, es ist auch viel weniger gefährlich. Auch das Essen in Italien ist hundertmal kreativer und besser als auf den Schweizer Pisten.

Zurück aber zum Hotelgewerbe.

Nach einigen Übernachtunserfahrungen in Zermatt muss ich feststellen: Offenbar hat man etwas gegen Einzelreisende. In Drei- und Viersternhotels waren die Einzelzimmer stets winzige Besenkammern, die längst eine Renovation verdient hätten. Der Fernseher steht irgendwo oben auf einem Schrank und strahlt zwei Meter über dem Boden geradeaus – um einen guten Blickwinkel zu haben, müsste man auf einem Stuhl klettern, der seinerseits auf dem Bett steht.

Im letzten November erlebte wieder so ich eine typische Zermatter Gastfreundschaft. Klar müssen Dreisternehäuser nichts Tadelloses bieten. Aber soliden Komfort und Sauberkeit dürfte man schon erwarten. Was für ein Zimmer wartete stattdessen auf den Gast?

– Der Teppich war durchgewetzt:

Dreisterne-Komfort à la Zermatt: Durchgetretener Teppich (November 2008)

– Das Bett knarrte bei jeder noch so kleinen Bewegung laut.

– Das Bad stammte aus den frühen 1970er-Jahren:

Dreisterne-Komfort à la Zermatt: Bad aus den frühen 1970ern (November 2008)

– Aus dem Duschkopf kam minutenlang rostiges Wasser mit schwarzen Partikeln.

– Auch hier wies das Einzelzimmer Besenkammercharme auf.

– Das WC-Papier hatte echte Nostalgie-DDR-Qualität; dem Hinterteil gefiel das aber ganz und gar nicht.

– Es gab kaum Platz für die Kleiderablage.

– Biennophone-Telefonrundspruchgeräte sind eine Wonne für Nostalgiker, haben aber keinen Wecker und bieten eine miserable Tonqualität:

Dreisterne-Komfort à la Zermatt: Biennophone aus Omas Zeiten (November 2008)

– Es hatte viel zu wenig Steckdosen und keine Mehrfachstecker.

– Die TV-Kanäle waren wild verstreut, eine Liste existierte nicht und die Hälfte der Sender bot Klein-Matterhorn-Schneesturm-Gefühl schon im Talboden.

– Die Heizung war nicht verstellbar und lief immer auf Volldampf – als ich nach vier Nächten endlich die Breite der Fensteröffnung korrekt feinjustiert hatte, um weder Sibirien noch Zentralsahara zu haben (Ökologie ahoi), hiess es schon wieder “Abreise”:

Dreisterne-Komfort à la Zermatt: Nicht verstellbare Heizung (November 2008)

– Und zuguterletzt noch ein Bild aus einem anderen Dreistern-Hotel in Zermatt; in der Dusche blättert die Farbe ab…

Dreisterne-Komfort à la Zermatt: Abblätternde Farbe im Bad (November 2007)

Ganz zu schweigen davon, dass der Taxifahrer im geschlossenen Fahrzeug seelenruhig seine Zigarette rauchte und man an der Réception aufgefordert wurde, das Zimmer doch bitte nicht mit Kreditkarte, sondern mit EC oder Postcard zu bezahlen. Willkommen im 21. Jahrhundert!

Auf welchem Planeten leben solche “Gastgeber”? Schaltet doch bitte mal euer Matterhirn ein und gebt euch gefälligst einfach etwas Mühe. Mehr verlangen wir bei drei Sternen auch gar nicht.

6 Kommentare

  1. Wäh, widerlich! Noch galant, dass Du den Namen dieses Schmuddel-Hotels nicht nennst… Das ist ja heute auf diversen Seiten gang und gäb – willkommen im 21. Jahrhundert!

  2. Ein Pranger soll das hier nicht werden (auch wenn ich z.B. für eine öffentliche Liste der Grüselbeizen bin, falls es sich um Wiederholungstäter handelt), das obige Beispiel ist aber – Ehrenwort – exemplarisch für viele Erlebnisse in der Schweizer Hotelbranche. Leider.

    Via Facebook schrieb mir jemand zum Thema: “Erst gestern in der Sonntagspresse wurde wieder mal tüchtig auf “Schweizer Tourismus verliert Gäste” gemacht. Schuld daran: die Krise. Kein bisschen Selbstkritik. Die Touristiker wollen natürlich mehr öffentliche Gelder.”

    So gehts natürlich nicht…

  3. Lieber Andi. Vielen Dank für deinen Geburtstags-Gutschein für Zermatt-Skitage… Und nun weiss ich auch wieso: Damit Du das nächste Mal nicht wieder in solch einer gruseligen Einzel-Besenkammer übernachten musst, sondern ein komfortables Doppelzimmer nehmen kannst. Werde versprechen, nicht zu schnarchen… Freue mich schon. Gruss und gut Skifahr diese woche. Soll ja wieder zünftig geschneit haben.

  4. Keine Sorge, in dieses Hotel werde ich garantiert nie mehr gehen! Skifahren mit dir macht einfach sehr viel mehr Spass… und ja – die Verhältnisse sind wieder wie im Januar, heute Abend gehts in die Berge!

  5. Ja, genau, der Name des Hotels, der würde mich auch interessieren….wir haben übrigens letztes Wochenende Ähnliches erlebt wir du – in St. Gingolph. Das Hotel hiess: [Vom Admin entfernt] übrigens…

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