Januar 1988, vor 20 Jahren: Unser letztes Sek-Skilager in Savognin wird zum Highlight des Jahres. Wenige Monate vor dem Schulabschluss spüren wir, dass bald eine coole Zeit zu Ende gehen wird.
Die Skibekleidung von damals ist aus heutiger Sicht natürlich kultig: Die Neon-Anzüge von ELHO waren das A und O. Unsere stets modebwusste Nina erntete dafür neidische Blicke. Meine Wenigkeit begnügte sich mit einer Skijacke mit pinkigen (damals sagte man dem so) Ärmelenden. An den Füssen trug ich einen Raichle RX-8 – das revolutionäre Luftpumpensystem wurde leider nicht fortgeführt, das war eine ideale Feineinstellmöglichkeit im Bereich des Rists.
Musikalisch der Hit war vor allem “Muhammar” der Basler Band Touch el Arab. Heute gäbe es darob vermutlich Unruhen und brennende Baslerstäbe – also nur kurz: Philippe Alioth, Christoph Müller und Stefan Hopmann waren unter den ersten hierzulande, die so etwas wie Technosound in die Hitparade brachten. Müller ist laut Wikipedia heute Mitgleid von Gotan Project, und in hitparade.ch weiss jemand zu berichten, dass der Song auf einem Amiga gesampelt wurde.
Wie dem auch sei – Muhammar lief in der “Villa Aurora” in Savognin rauf und runter. Ebenso George Michael mit “Father Figure”, T’Pau mit “China in Your Hand”, Bill Medley & Jennifer Warnes mit “The Time Of My Life” (es stimmt tatsächlich, meine erste Freundin hatte “Dirty Dancing” 15mal gesehen), “China in Your Hand” von T’Pau und das Elvis-Cover (was wir natürlich nicht wussten) “Always on my Mind” der Pet Shop Boys.
Ganz neu und geheimnisvoll erschien uns 15-Jährigen “Sign Your Name” von Terence Trent d’Arby (dazu konnte man extrem gut “geschlossen tanzen”) – gar nicht dazu passen wollte aber unser Schunkelhit “Küss’ die Hand, schöne Frau” der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. Uff.
Und auch dies musste natürlich kommen: Seilbahntechnisch ist die Müller-Gondelbahn nach Radons bemerkenswert, die damals noch stand. Schnee hatte es damals kaum – unsere Skibeläge sahen entsprechend aus.
Natürlich berichtete ich in meiner Lokalradio-Schülersendung live aus dem Skilager, mit ein paar beruhigenden Worten von Lagerleiter Urs Granacher (er weckte uns stets mit seiner Klarinette, die er heute noch spielt) für die bangenden Eltern. Es war wirklich eine gute Zeit da oben. Ich glaube, ich durfte sogar mit Sidonie tanzen. Hui.
In der gleichen Sendung interviewte ich (ab Konserve) auch noch einen Spezialisten zum Thema “Skitraining” – heute darf ich ja verraten, dass das mein Onkel war. Ob die Tipps heute noch gelten?
Mehr zum Skilager in der Februarausgabe 1988 der Schülerzeitung “FGOI” (PDF, 5 MB) – dies war die zweitletzte Ausgabe “einer der ältesten Schülerzeitungen der Schweiz”, wie wir in der Weihnachtsausgabe 1987 (PDF, 2.6 MB) stolz geschrieben hatten.
In der Februarnummer ist unter anderem zu erfahren, was eine “Töndermina” ist. Weitere Themen: Elternbesuchstag an der Sek Sissach (“Lehrer werden zu Verwandlungskünstlern – auch der sonst noch so strenge Typ wird zum freundlichsten Menschen”), die Pensionierung unseres Mathe- und Geo-Lehrers Emil Merkli (das war noch ein echtes Original alter Schule, “Herrgott nünevierzgi”!).
Wie auf diesen Zeilen nachzulesen ist, war der Winter 1988 nicht nur punkto Skundarschul- und Schülerzeitungs-Ende eine Zeit des Umbruchs: Bei Radio Raurach begann am 1. Januar Peter Küng zu arbeiten; er hatte den Auftrag, für mehr HörerInnen zu sorgen und den Sender zu professionalisieren. Das führte im Frühling 1988 zu einem ziemlichen Aufruhr im Team und der Lokalpresse – was “dieser Stadtbasler da” anstellte, passte vielen im ländlichen oberen Kantonsteil gar nicht.
Dass Kommunikation bekanntlich Glückssache ist, trug mit zum grossen Rumoren bei. Rückblickend darf man wohl mit der Distanz von 20 Jahren sagen, dass unsanft oder unvermittelt abserviert wurde, wer nicht ins Konzept passte. Das tat dem Sender teils gut, teils wars tragisch für die Betroffenen. Das Radio wurde in wenigen Monaten mit der Brechstange (bzw. der Ahle – eine LP musste arg leiden, da der Chef einen Song partout nicht auf dem Sender hören wollte) vom “Dampfradio” zum “Durchhörsender” zurechtgestutzt, wie heute Umstrukturierungen halt so üblich sind. Nur – diesen Stil kannte man damals “da oben” weniger. Die Zahlen gaben Peter natürlich Recht.
Ich fand als 16-Jähriger, der einfach so viel Radio wie möglich machen wollte, meine Schlupflöcher und hatte irgendwie einen Draht zum Big (und wie!) Boss, der mir viele Anfängerpatzer verzieh (dass seine Frau den ambitionierten Jungmoderator sweet fand, dürfte auch geholfen haben). Eine aufregende Zeit des Wandels, und ich bin dankbar, dass ich das Miterleben durfte.
Anfang 1988 nahm derweil der spätere langjährige Chefredaktor der Sissacher “Volksstimme” und heutige Polizeisprecher Rolf Wirz aus freien Stücken seinen Hut – ich musste fortan ohne meinen Radiolehrmeister auskommen, was mich doch sehr betrübte. Rolf habe ich viel zu verdanken – dank seinem Job als Musikredaktor lernte ich als Teenie so manche Scheibe kennen, mit der ich sonst wohl nie in Kontakt gekommen wäre. Rolf hatte damals im Baselbiet vor allem als Hitparadenmoderator “mit guten Jokes”, wie wir anno dazumal sagten, eine grosse Fangemeinde.
Ende Januar 1988 erlaubte ich mir einen kleinen – heute undenkbaren – Scherz und verabschiedete ihn mit einem Fake-Interview. Ich hatte Ausschnitte aus einem echten Interview sowie Sendungsauszüge von Rolf mit neuen Fragen versehen. Wieder mal einer aus der Serie “was man damals noch am Radio tun durfte”…
4 Kommentare