In der “Berner Rundschau” vom 26. Juni nimmt ein Redaktor die Internetauftritte der Kandidierenden für die Berner Ständeratssitze unter die Lupe (leider erlaubt es die leicht rückständige Website seiner Publikation nicht, Artikel via Permalink zu verknüpfen). Dabei beweist er vor allem eines: Dass er keine Ahnung von Webpublishing hat. Das mag man einem Journalisten nachsehen. Dass er sich aber auch nicht die Mühe gemacht hat, mit SpezialistInnen zu sprechen, nicht.
Der Journalist schreibt unter anderem, Simonetta Sommaruga besitze “als einzige eine Website-Version für Behinderte”. Das stimmt eben nicht – sie ist zwar die einzige, die das so anschreibt, in Tat und Wahrheit aber beweist ein Test, dass ein Blindenbrowser (z.B. Lynx) bei Simonetta Sommarugas Website genau… nichts anzeigt. Franziska Teuschers Auftritt hingegen funzt mit so ziemlich allem – alle Webbrowser auf allen Systemen, Ausdrucke, Handys, PDAs, (Seh)Behindertenbrowser… ohne dass wir das speziell anschreiben müssen. Selbst mit Netscape 1.0 (hier gibts einen Emulator) sieht man zumindest den Inhalt.
Hier muss ich nun kurz meine Interessenkonflitkte offenlegen, wie es sich gehört: Ich habe Simonetta Sommarugas Website die letzten drei Jahre (rein inhaltlich) betreut und Franziska Teuschers Website mitproduziert – ich bin also alles andere als neutral. Mit dem heutigen Webauftritt Simonettas habe ich aber (zum Glück) nichts zu tun. Und verkneife mir an dieser Stelle aus Kollegialitätsgründen den öffentlichen Verriss: Sie hat ihn per E-Mail bekommen und verdankt.
So geht also Journalismus heute: Auf einer Website lesen “Version für Behinderte” und dies kritiklos glauben. Dabei wäre DAS die wahre Story gewesen: Die tatsächliche Behindertentauglichkeit bzw. Cross-Plattform-Kompatibilität heutiger PolitikerInnenwebsites. Zugegeben: Auch wir sind punkto Accessibility nicht voll auf der Höhe, haben uns aber redlich Mühe gegeben und kennen Seiten wie diese (WCAG 2.0 liegt aber leider ausser Reichweite).
Ob sich der Verfasser zumindest die Mühe gemacht hat, sich mit Accessibility zu beschäftigen? Hat er mal was über WAI gelesen? Oder hat er die Druckvorschau der Websites angeschaut? Auch dies wäre ein Hinweis auf die Programmierqualität gewesen (Links zu den Websites siehe unten – versuchen Sie es doch mal).
Für Laien: Moderne Websites zeichnen sich eben dadurch aus, dass sie auf allen Programmen und Plattformen gut aussehen, ohne dass auf “spezielle Fassungen für XY” hingewiesen wird.
Inhaltlich: Wo findet sich bei Simonetta Sommaruga, Dora Andres, Werner Luginbühl, Walter Donzé und Christian Waber ein regelmässig gepflegter Blog, der eine echte Diskussion mit den Kandidierenden ermöglicht? Richtig: Den gibts nur bei Franziska Teuscher.
Wer ausser Dora Andres und Franziska Teuscher hat Kurz-Videos im Angebot? Niemand.
Dem Redaktor sei empfohlen: Nachsitzen!
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