Ehe vor 30 Jahren

Zum heutigen Jubiläum tu ich mich ein wenig selbstbeiweihräuchern. Ist nämlich wichtiger als jeder runde Geburtstag. Genau heute vor 30 Jahren begann meine tönende Existenz – jedenfalls wurde am 12. Oktober 1975 meine Stimme erstmals auf Magnetband gebannt.

Das Philips-Tape beschriftete ich wenige Jahre später mit “Ehe” – nicht, weil die Ehe meiner Eltern dannzumal in den letzten Zügen lag, sondern weil das für mich die phonetische Umsetzung meines Gezeters war (“Wääähhhäää”), das ich während eines Bades mit Papa und Grossmama losliess.

Some things never change: Schon mit drei Jahren war ich ein elender Stürmi – und wollte ins Dulezi. Zur Erklärung: Das Band wurde in meiner Heimat Sedrun aufgenommen, das Café Dulezi ist bis heute nicht nur ein Ort, wo ich gerne feines Brot kaufe, sondern auch feine Kaffeespezialitäten geniesse, einen Schwatz mit Reto, Marcel und Adelina halte oder deren Website betreue.

Das Dulezi mochte ich offenbar schon 1975, wie dieser Ausschnitt beweist – ich werde von Grossmama (Tatta) und meinem Vater gebadet, und unter anderem gehts darum, dass ich vehement behaupte, Tata nicht gern zu haben (“Has bugien la Tata? – Na.”). Begründen mag ich das aber parout nicht. Zudem frage ich ständig, wann ich nun endlich am Radio komme – das R konnte ich damals aber noch nicht aussprechen, als hiess das “Andialadio”. Und ich beschwere mich, dass jemand meine Eisenbahn zerstört habe (“Tgi o fatg kaputt la Ysebahn?”).

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Bei allen deutschen Einstreuseln: Schön wärs, wenn ich immer noch so gut rätoromanisch könnte. Heute verstehe ich selbst kaum mehr, was ich da alles gestürmt habe. Mit meiner Mutter sprach ich aber ungarisch; deutsch konnte ich erst gebrochen und mit starkem ungarischem Akzent. Eines muss man meinen Eltern ja lassen: Das war alles pädagogisch sehr geschickt, danke 🙂

Hier versuchen sie, unter dem Protest meiner Urgrossmutter mich zum Deutsch Sprechen zu überreden, ich wehre mich aber auf ungarisch und romanisch mit Händen und Füssen, beginne verlegen am Mikrofon rumzufummeln – und kassiere prompt einen Zusammenschiss. Zu Beginn verkündet meine Mutter – der Archivar freut sich – das aktuelle Datum.

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Was ich damals noch nicht so recht checkte, war, dass man zuerst was aufnehmen musste, um es anzuhören. Unablässig frage ich: “Jön most az Andi a ladioban?” (Kommt jetzt Andi am Ladio?) – trotzdem war ich schon anno dazumal belehrend – auch wenn ich “aufnehmen” mit “aufstellen” verwechsle und das Wort fröhlich mit ungarischer Grammatik versehe (“ufstellészni”), will ich Mama weismachen, dass sie den Schalter hinunterschieben müsse (“akkor rà?ba kell schaltészni oda”), wenn sie was aufstellen… aufnehmen wolle.

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Seilbahnen fand ich auch schon recht cool – hier suche ich, wieder auf Rumantsch, am gegenüberliegenden Hügel namens “Tgom” die damals rote Seilbahnkabine, die doch leider soooo selten unterwegs war. “La cabina dal Tgom” ist allerdings noch etwas schwierig, daraus wird – bestechend einfach – “cabina da do”… heute würde man das “Slang” nennen, yo (die Kirchenglocken tönen übrigens heute noch gleich schön – immer wieder ein wunderbar heimatlicher Klang, auch wenn ich sonst mit der Kirche in ihrer Lärmbelästigung nicht am Hut habe).

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Bei all dem Sprachenwirrwarr ists beruhigend, dass ich auch die internationale Sprache der Musik beherrsche. Und das äusserst virtous.

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Dieser Sänger ist übrigens ein fescher Blonder mit einer supersexy Brille:

20051012-1975-sedrunandibrille.jpg

Natürlich ist auch meine Skiliftophilie im Bild festgehalten (Übungslift Sissacher Fluh, 1976):

Faszinierend, so ein Skilift (Sissacher Flug 1976)

Ach ja, fest vergessen – der muss noch sein. Mein erstes Interview, mit meiner Mutter, wie sichs gehört. Und eine Hommage an meine Urgrossmutter. Auf der einzigen existierenden Aufnahme von ihr liest sie aus einem ungarischen Heft vor:

(Lieber in eigenem Player hören – MP3, 450 KB)

Es geht um die idyllische Beschreibung der Insel Korfu und die Herstellung von Olivenöl. Und so sah das damals etwa aus:

Urgrosskind Andi und Mati, 1975

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