Billett-Automaten: Nicht nur teuer – auch unlogisch

Die SonntagsZeitung berichtet heute, dass hunderte von SBB-Automaten überteuerte Tickets ausstellen: “Löst ein SBB-Kunde in Glarus, Sursee, St. Gallen, Liestal oder Sargans ein Ticket nach Zürich, schlägt der Automat seit Anfang Juni zusätzliche 32 Tarifkilometer auf den Preis.”

Aber nicht nur das: Wie Erfahrungen im Freundeskreis zeigen, sind die Billettautomaten auch alles andere als logisch. Da wollte kürzlich jemand von Bern nach Disentis fahren – die schnellste Strecke (3 Stunden, 41 Minuten) führt über Zürich-Chur. Der Automat am HB Bern schlug aber nur zwei Strecken vor: Langnau-Luzern-Göschenen bzw. Olten-Luzern-Göschenen und dann weiter über den Oberalppass. Auf dieser (zugegeben schönen) Strecke verbringt man 4 Stunden und 37 Minuten im Zug.

Also anstehen am Schalter, der Zug fährt in 7 Minuten… das Schlangensteh-System im HB Bern läuft unverständlicherweise nach wie vor ohne eine Linie für alle Schalter – ein reines Glücksspiel. Schliesslich reichte es zufällig doch noch – und am Schalter gabs die Auskunft, man dürfe nicht die Auswahl “Billette ab Bern” treffen, sondern müsse “Billette ab anderen Stationen” wählen und als Abgangsort Bern eingeben.

Da wären Sie doch auch drauf gekommen, oder?

Wer wollte da genau die Tarife erhöhen? Zuerst mal die Hausaufgaben machen bitte!

10 Kommentare

  1. Es hat seine Vorteile, wenn man nur nach Basel, Lausanne und Zürich will, von Bern aus. Da kann sogar der Automat nicht viel falsch machen.

    Wäre die SBB privatisiert, würde das zumindest funktionieren, oder die Konkurrenz bringt es zum Funktionieren.

  2. Du weisst genau so gut wie ich, dass das Quatsch ist: Konkurrenz ist nur einer von vielen Faktoren für guten Service, wie zahllose Beispiele aus der Dienstleistungswüste Schweiz zeigen, in denen härtester Wettbewerb herrscht – einige findest Du in der Blog-Rubrik “Konsum”.

    Das Problem hierzulande ist eher eine masslose Lethargie, wenns um die Durchsetzung von KonsumentInneninteressen geht. Gerichte anerkennen KonsumentInnenorganisationen nicht als Interessenvertretung an, und viel Servicemüll wird einfach hingenommen – mitunter, weil viele Menschen hierzulande einfach zu viel Kohle haben und Mängel hinnehmen (“Dann kauf ich mir halt was Neues”) bzw. sich nicht aktiv gegen überhöhte Preise einsetzen oder zu faul sind, sich zu beschweren.

    Gerade in meinem Freundeskreis wimmelts von Leuten, die sich zwar über Ähnliches nerven wie ich, aber – pardon – den Finger nicht rausnehmen, wenns drum geht, Firmen zu schreiben, anzurufen, anzuprangern, nachzuhaken, zu denunzieren: “Ach, weisst du, ich hab Gescheiteres zu tun…” – “Ach, ich bin so im Stress, und das bringt eh nichts…” – Klar, dass sich da bei so viel vornehmer Zurückhaltung nix ändert und wir von Abzocke bis Null-Usability in zahlreichen Bereichen so ziemlich alles erleben.

    Man konsumiert Espresso, Kassensturz, K-Tipp und Saldo, regt sich ein bisschen auf, zeigt sich ein bisschen betroffen und legt das Heft dann weg oder zappt weiter – das wissen die Firmen bestens und nehmen den Finger ebenso wenig raus. Und die Politik protegiert miesen Service und Abzocke meistens auch noch, anstatt ein paar Leuten mal kräftig auf die Finger zu hauen. Da müsstest Du ansetzen.

  3. @Blöker: Na siehste! Ich bin nicht der typische Konsument, sondern einer, der sich beschwert. Das Problem ist, dass ich bei der SBB keine Möglichkeit habe, den Anbieter zu wechseln. Swisscom ist damals wegen dem gelinde gesagt katastrophalen Verhalten bei einer Roaming-Geschichte (ich kann schwer in Singapur sein, und in Thailand telefoniert haben, ausser jemand hat’s bei der Fakturierung kapital vergeigt) als Anbieter entsorgt, und auch CableCom ist eigentlich nur im Rennen, bis ich eine Sat-Schüssel haben kann, die auch taugt. Den Kassen-‘Furz’ gucke ich mir meist nur zur Belustigung an, und genau die ‘K’-Freaks haben in dem Bereich in der Schweiz das Monopol, und werden sich deswegen mit den grossen Firmen arrangieren, zumindest wenn sie staatlicher Natur sind.

    Das lässt sich bei der SBB kaum, und bei der Post im Briefbereich nicht machen. Wenn Firmen hier das Problem bekommen könnten, bei unfähigem Service Kunden zu verlieren, würde sich rasch Einiges bessern

  4. Naja, das ist jetzt etwas gar paranoid, dass Du noch den CH-Konsum-Journis unterstellst, dass sie mit weissnichtwem unter einer Decke stecken. Ohne die wäre die Lage noch schlimmer!

    Ich weiss wirklich nicht genau, wie Du dir das vorstellst, die Bahnen allesamt zu privatisieren… wie wäre das denn: Im HB Bern stehen die Züge von drei sich konkurrenzierenden Gesellschaften zur Ausfahrt nach Zürch bereit. Bei “FastTrain”, die ausschliesslich BE-ZH bedient, kostet die Fahrt gerade exklusiv 20 Franken, retour (aber nur für Züge zwischen 13 und 16 Uhr und 21 und 23 Uhr). Bei “Trainsuisse” ist grad Aktion “Erste Klasse für 29.95 retour (beim Kauf von 10 Tickets)”. Und bei der SBB muss man dann weissnichtwieviel Geld, das heute gescheiter verwendet wird, ins Marketing stecken, und hat vor lauter liegengebliebenen Zügen anderer, unerfahrener Gesellschaften keinen Platz mehr?

    Nee – da liegt eben (wie andernorts schon bemerkt) die Stärke des öV-Systems der Schweiz.

    Alles andere gäbe schnell mal Chaos. Also in dem Bereich lieber eine staatlich reguliertes System, das aber auch punkto Kundendienst reguliert wird. Hier liegt IMHO das Problem: Für grosse Fauxpas – auch punkto Kundendienst – müsste es vom Regulator harte Geldstrafen geben. Die SBB, die ihre Automaten nicht im Griff hat: 100’000 CHF Busse. Die Post, die durch ein Softwareupdate ihre Automaten unbauchbar macht: 100’000 CHF Busse.

    … und die Bussen fliessen natürlich in einen Fonds, der zur Verbilligung von GAs und zur Senkung von Kontospesen verwendet wird 😉

  5. Auch ich habe mich gestern unheimlich ab den SBB, bzw. deren Tochtergesellschaft “Zentralbahn” genervt. So war doch auf dem Brünigpass nach dem Brünigschwingfest nur ein einziger Ticketautomat in Betrieb. In Abetracht der Tatsache, dass viele Nichzugfahrer ein Schwingfest besuchen, und diese im Umgang mit den Automaten nicht stilsicher sind, bildete sich eine lange Schlange und für manchen, der zum ersten Mal vor so einem Gerät stand war es ein Ding der Unmöglichkeit, sein Ticket nach Hause zu erhalten. Es wäre sicher angebracht gewesen, an diesem einen Sonntag einen freundlichen Angestellten vor den Bahnhof zu stellen, der die Tickets herausgibt, oder zumindest den Überforderten zur Hand geht. Schade, denn so überrascht es auch wenig, wenn nächstes Jahr wieder einige auf den Zug verzichten und mit dem PW an den Brünigschwinget anreisen.

  6. @Blöker: Schon heute verwenden die SBB Geld für Marketing – viel zu viel. Bei realer Konkurrenz würde das zwar nicht besser, der Konsument hat aber die Wahl. Bei der Post, da habe ich die Wahl, wenn’s um Bankdienstleistungen geht, da ich auch zu einer Bank gehen kann (und mir ist leise unverständlich, wieso der Finanzsektor der Post noch nicht restlos privatisiert wurde – was die können, kann jede Bank auch.

    Ein bisschen kreativere Preisgestaltung täte aber der SBB nicht schlecht. Man könnte ab 20h00 z.B. auch mal den Zuschlag für die erste Klasse um 50% senken.

    Das passiert aber nur auf Druck von aussen. Von der bösen, brutalen Konkurrenz.

    Ich habe mal den Vorschlag gebracht (hier in den Comments?), dass man als Bahngesellschaft die grossen Achsen bedienen kann, aber dafür immer auch eine ‘Regionallizenz’ mitbekommt, die man bedienen muss, sei’s mit Bahn oder Bus. In der Konzession steht auch, welche Frequenzen, Kapazitäten etc minimal vorhanden sein müssen für eine Route. Und alle müssen dann, gemäss verwendeten Bahnkilometern, die Wartung der Infrastruktur mitbezahlen.

  7. Ja, das hast Du gesagt. Aber ich (und meine Mitcommenter vermutlich auch) bleiben dabei: Sowas führt nur zu Chaos und einem Qualitätsverlust, der den öV weitaus härter treffen würde als ab und zu mal ein Eigentor à la Billettautomaten. Ich emfpinde es nach wie vor als Privileg, mit einem Kärtli im Portemonnaie fast jedes öV-Mittel im Lande jederzeit betreten und benützen zu dürfen. (Was aber nicht heisst, dass man Sündigen nicht ab und zu auf die Finger klopfen soll – siehe oben.)

  8. Die Bewältigung der Panne war dann wiederum einigermassen vorbildlich: Die zuviel erwirtschafteten Moneten werden der Glückskette gespendet, die Abgezockten werden entschädigt – und man gelobt, die Kommunikation zu verbessern.

    Auf Anhieb gute Kommunikation ist trotz der Hochkonjunktur dieser Branche vielerorts immer noch Glückssache, wie auch der ungeschickte Umgang der Stadtberner SP mit den bemerkenswerten Aussagen der kürzlich pensionierten Chefin des Berner Sozialdienstes, Annemarie Lanker, zeigt – Sozialdirektorin Edith Olibet und andere stramme GenossInnen wussten nichts besseres, als auf einer, die es nun wirklich wissen muss, herumzuhacken und ihr u.a. vorzuwerfen, sie könne nicht loslassen. Primitiv – und ein Grund mehr, die Grünen statt die Sozis zu wählen.

    Generell gilt punkto Kommunikation: Wir wärs damit, vielleicht einfach mal eine teure Weiterbildung weniger besuchen, ein Diplom weniger zu erwerben und stattdessen den gesunden Menschenverstand einsetzen…?

    Genau so wie ein SIZ-Diplom oder andere Wische (ich hab mich über den Beitrag in der NZZaS gestern schön genervt) genau NICHTS darüber aussagen, wie gut jemand mit einem Computer umgehen oder Websites designen kann (ich hätte da einige Müsterchen von Leuten, die sich “Webpublisher SIZ” nennen dürfen, denen ich aber nie und nimmer einen Internetauftrag gäbe), genau so wenig hilft einem offenbar eine PR- oder sonstige Ausbildung, wenn man null Gschpüri hat, was wann angebracht ist.

  9. Solche Sachen wie in Neuseeland passieren meist aus drei Gründen:

    a) zu hohe Fixkosten
    b) zu tiefe Preise
    c) zu tiefe Auslastung

    Wobei zu beachten ist, dass a) meistens passiert, wenn b) zu hoch ist, oder c) zu tief. Dann ist ein Bus die billigere und effizientere Lösung. Steuergelder einem offenbar nicht ausreichend nachgefragten Produkt hinterherzuwerfen ist die falsche Massnahme. Wäre das Produkt ausreichend nachgefragt, dass es auch für die Investitionen reicht, oder zumindest für die Finanzierung der Kredite dafür, wäre es das eine – aber es hat ja nicht gereicht.

    So macht man viele kleine Alitalias.

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