Vor 30 Jahren: Itinger Badi 1986 und 2016 (mit 80er-Video)

Höchste Zeit, wieder einmal im Archiv zu kramen und ein paar alte Bilder und Videos hervor zu kramen. Mitte der 1980er-Jahre, vor 30 Jahren also, begann das Videozeitalter. Nicht im Sinne der VHS-Cassette, die jüngst beerdigt wurde – die gab es 1986 schon lange. Sondern mit eigenen Aufnahmen.

Als Teenager und schon damals angehendem Archivar schien mir die Möglichkeit, den Alltag für spätere Zeiten (in denen man das alles wahnsinnig altmodisch finden würde) zu konservieren, extrem faszinierend zu sein. Und so rückte ich ab 1984 immer wieder mal mit der Familien-Videoausrüstung einfach so aus und nahm den Alltag in Itingen auf – dem Oberbaselbieter Dorf, in dem ich meine Kindheit verbrachte.

19851001-filmenschatzsucheSeit dann ist das Leben seit damals also nicht nur mit statischen, sondern auch bewegten Bildern dokumentiert. Und diese sollen in den kommenden Monaten den Weg aus dem Archiv finden.

Im Gegensatz zu heute, wo in der Öffentlichkeit Filmende und Fotografierende von Abbildungsscheuen skeptisch beäugt oder von Datenschutzfreaks drangsaliert werden, erntete man 1986 mit einer Videokamera höchstens grosse Augen oder, wenn’s hochkam, bewundernde Blicke. So konnte ich – heute undenkbar! – sogar in der Itinger Badi filmen.

Wo man heute Zeter und Mordio schreien würde (halb nackte Kinder! Persönlichkeitsschutz! Pädophile!), kümmerte sich niemand um mich, als ich als 14-Jähriger meine Schulkolleginnen- und kollegen beim Spass im Freibad festhielt. Wie durch ein Wunder blieb die Panasonic A2 sogar trocken.

Ja, die Itinger Badi!

Unser Kleinod, mit einer langen Geschichte, in den frühen 1980ern dank dem Erlös des Dorffestes 1979 totalsaniert, die schönste Badi im Baselbiet, und – o Wunder – die einzige mit Gratiseintritt. Bis heute! Die Badi war und ist der allsommerliche Brennpunkt des Dorfes. Hier lernen die Itinger Kids schwimmen, hier wird wild herumgerannt, angebändelt, sich vergnügt, sich über die Auswärtigen ereifert, die schmarotzen und nichts ins Kässeli geworfen haben.

Und in den 1980ern vor allem Ping Pong gespielt (“Rundlauf”, “aasuugä”) – hier ein Bild von mir und Kumpel Tanner (zusammen waren wir u.a. “Metro Goldwyn Hansi” und machten Filme) aus dem Sommer 1986:

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Seit 1986 hat sich die Badi und ihre Umgebung natürlich ziemlich verändert. Hier ein paar Vergleichsbilder 1986/2016 aus Videostills und aktuellen Aufnahmen von Mitte Juli – Tischtennis ist weitaus unbeliebter als vor 30 Jahren, die Tische verwittern:

 

Nun aber zum Video. Auf Youtube ist eine leicht zensurierte Fassung schon seit Jahren abrufbar. Zum 30-jährigen Jubiläum des Originalvideos springe ich nun erstmals über meinen Schatten und veröffentliche sogar Szenen samt Tonspur, auf denen ich als Teenie… naja, etwas peinlich rüber komme, als mir Fränzi, Barbara und Sandra (oh! Mädchen!) die Kamera kurzerhand wegnehmen und ihren eigenen Film drehen. Vorher haben sie sich vorzüglich vor dem Kameramann im Wasser produziert. So eine Cam war damals auch ein ausgezeichnetes Mittel, das andere Geschlecht auf sich aufmerksam zu machen.

Keine Sorge: “Pussy” war damals im Sinne von “Bussi” gemeint. Die andere Bedeutung… naja, die waren wir erst so ein wenig… sehr zaghaft am entdecken. Ähm, natürlich alle anderen. Dem Nerd Andi waren Videokameras (noch) wichtiger.

Die Badi war aufgrund ihrer sozialen Bedeutung vor 30 Jahren auch Stoff für eine Schülerzeitungs-Reportage. Ich wollte ein wenig hinter die Kulissen schauen. Dafür musste ich den gefürchteten Schulabwart “anbinden”, der in unseren fünf Primarschuljahren den Ruf als strenger Hardliner hatte. Wenn “dr Oberer” auftauchte, nachdem wir Mist gebaut hatten, wussten wir: Jetzt ist Feuer im Dach! Er ähnelte damals ein wenig Ex-Schiri Collina, war grossgewachsen und für uns Kids angsteinflössend. Er war zugleich für die Wasseraufbereitung im Schwimmbad zuständig.

Christian Oberer – kein Unbekannter, er ist nach wie vor Leichtathletiktrainer und auch Vater der früheren Siebenkämpferin Simone – erwies sich aber 1986 als äusserst freundlicher Interviewpartner und erklärte dem Jungreporter einen Morgen lang geduldig die Geheimnisse von Salzsäure, Chlor und pH-Wert.

Die Zeitung ist hier als PDF abrufbar (12 MB), die Badi-Repo ist auf den Seiten 11-13. Mehr Abenteuer von vor 30 Jahren sind in den anderen “FGOI”-Ausgaben des Jahres 1986 konserviert.

 

Mehr aus der Serie “vor 30 Jahren” demnächst in diesem Theater – Stoff ist mehr als genug vorhanden.

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