Es war eine der letzten Abstimmungen, an der ich noch nicht teilnehmen durfte – und zugleich eine der denkwürdigsten. Heute vor 20 Jahren stimmten 35.6 Prozent der abstimmungsteilnehmenden Schweizerinnen und Schweizer für die Abschaffung der Armee.
Das Thema spaltete nicht nur unsere Liestaler Gymer-Klasse, sondern die ganze Schule – selbstredend waren in den damaligen Matura-Typen C und E die wenigsten Armeeabschaffer zu finden.
Die Aula war proppenvoll im Oktober 1989, als Roger Blum (der sieben Jahre später mein Chef werden sollte, was ich damals aber noch nicht mal im Traum ahnte) in der Aula eine Podiumsveranstaltung zur GSoA-Initiative leitete. Alexander J. Seiler filmte die Podiumsveranstaltung für seine Dok “Palaver Palaver” – in der Szene sind zahlreiche alte Bekannte als Teenies im 80er-Look zu sehen.
Einer von ihnen wurde später in der RS mein Korporal und verlangte, dass ich ihn sieze – was ich natürlich nicht tat… er fand es auch nicht wirklich lustig, dass ich Stop-F/A-18-Shirts unter dem “Kämpfer” trug und meinen Zug nebst allerlei Gebäck fleissig mit Propaganda-Material von GSoA und Soldatenkomitee versorgte. Heute würden wir über all das vermutlich herzhaft lachen.
Aber zurück in den November 1989: Musikalisch interessant sind die beiden Benefiz-Sampler, mit denen Geld für den Abstimmungskampf gesammelt wurde. Zusammen mit dem GSoA-Jahrbuch 1989/90 ist “Volume 2” im Archiv erhalten geblieben. Im Jahrbuch selbst sind die meisten Zeitungsartikel von damals abgedruckt – eine Fundgrube!
Im Laufe des Abstimmungssonntags selbst habe ich einige O-Töne auf Schweizer Radio DRS aufgenommen (u.a. mit Ueli Schmezer und Beatrice Born auf DRS3) – und da herrschte grosses Staunen, als das Resultat aus dem Kanton Uri eintraf…
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Interssant ist auch der Beitrag zur GSoA-Abstimmung des nicht mehr existierenden “Schwarzwaldradios”, samt dem News-Signet von 1989 – und Elmi auf SWF3, der seine Schwarzgelder in der Schweiz von der Armee verteidgt haben will…
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Natürlich analysierte auch Radio Raurach laufend den Abstimmungssonntag aus Baselbieter Sicht, hier u.a. ein Interview mit SVP-Regierungspräsident Werner Spitteler, auch zur Initiative “pro Tempo 100/130”, die am 26. November 1989 ebenfalls zur Abstimmung gelangte – Felix Anderwert, Meinrad Stöcklin und Christoph Steinmann im Grosseinsatz, Chefredaktor Peter Küng kommentiert:
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Und was lief sonst im November 1989? Nach dem Fall der Mauer begann es schnell auch in Prag zu brodeln – hier Ausschnitte aus dem DRS-Mittagsjournal vom 19. November 1989, in dem auch die erste positive Bemerkung zur deutschen Wiedervereinigung aus dem Kreml vorkommt, der Besucherstrom aus der DDR in die BRD sowie eine Unabhängigkeits-Demo in der “Sowjetrepublik Lettland”:
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Im Abendjournal berichteten Korrespondenten von einer Demo in Prag sowie vom bizarren Parteitag in Rumänien – wer konnte damals ahnen, dass Ceaucescu (dem die Massen im November noch zujubelten) in wenigen Wochen standrechtlich erschossen würde?
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Rund um die “Wende” sei nochmals tagesschau.de empfohlen, wo täglich die ARD-Tagesschau vor 20 Jahren abrufbar ist.
Derweil gings am 21. November 1989 im Vitamin3 auf DRS3 genütlich zu und her – Jasmin Kienast (als Gast) und Röbi Koller guckten zurück aufs Steinzeit-Survival und spielten das legendäre Quiz “2×3”:
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Der Tipp mit der “Tagesschau vor 20 Jahren” stammt übrigens von Genosse Erich Honecker. Genosse Blöker vergisst leider die sozialistischen Errungenschaften in historischen Angelegenheiten zu vermelden…
Das ist natürlich korrekt, ich entschuldige mich hiermit öffentlich bei Genosse Erich und wünsche ihm weiterhin viel Erfolg bei den Maturaprüfungen. Du bekommst den Leninorden, wenn du bestehst!
Danke für die sozialistischen Glückswünsche! Die Prüfungen werde ich schon bestehen, da muss man keine Angst haben. Weil den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf!