Vor 20 Jahren: Die erste Live-Sendung

Am Sonntag, 3. Juli 1988, liess man den Blöker zum ersten Mal während drei Stunden aufs Baselbieter Volk los: Heute vor 20 Jahren durfte ich um 16 Uhr meine erste Livesendung aus dem Studio von Radio Raurach in Sissach fahren.

Das tönte natürlich alles andere als perfekt – ich war vermutlich seither nie mehr so nervös. Aber in den Anfangszeiten des Lokalradios “machte man einfach mal”, selbst wenn der Jungmoderator erst “Sweet Sixteen” war – das rechne ich dem damaligen Chef heute noch hoch an. Erschwerend kam dazu, dass ich an der Sommerferien-Beginn-Fete am Vorabend jenes Mädel zum ersten Mal geküsst hatte, mit der ich die kommenden dreieinhalb Jahre verbringen sollte – da sie zuhörte, wollte ich natürlich brillieren.

Das war aber alles andere als einfach: Atemtechnik? Nie gehört. So konzentrierte ich mich ganz auf den Text – und mitten im Satz ging mir mehrmals die Puste aus. Ein unrühmliches Stück Radiogeschichte also…

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Wir übernahmen damals zur vollen Stunde jeweils die DRS-Nachrichten – ab Sommer 1988 gabs immerhin die Zeitansage, die uns signalisierte, wann wir unser Nachrichtensignet zu starten hatten. Der grosse “Schämmer” war stets, wenn man den richtigen Zeitpunkt verpasste – und über unseren Sender die DRS-Programmansage lief: “Auf DRS1 hören Sie nun…” – Vor der Zeitansage war das schier unmöglich, meistens musste man im Wetterbericht abschätzen, ob man nach “im Süden: schön” übernehmen konnte oder ob noch etwas à la “… am Abend gewitterhaft” nachgeschoben wurde.

Auch der News-Einstieg war eine kleine Kunst; die DRS-Sendungen wurden ab einem normalen Tuner eingespielt. Wir mussten gleichzeitig die laufende Platte ausblenden, den Tuner-Kanal vorhören und den Fader hochschieben, wenn es auf DRS kurz vor den News still war. Panik brach aus, wenn 2-3 Sekunden vor der vollen Stunde der DRS-Tontechniker seine Platte immer noch nicht ausgeblendet hatte.

Die ganz hohe Kunst war es, eine “Punktlandung” zu machen – ein Stück mit einem “cold end” (Lied hört abrupt auf) so zu timen, dass es um um genau eine halbe Sekunde vor der vollen Stunde fertig war. Wenn also Steve Winwood in “Valerie” sang “I’m the same boy I used to be”, musste Alfred Köhli unmittelbar anschliessend gleich “Sechzehn Uhr, Radio DRS, Nachrichten” sagen. Im Vinyl-Zeitalter war das noch echte Handarbeit – kein PC half uns dabei. Zumal die Zeitangaben auf den Singles nie genau stimmten, musste man also mit einer Stoppuhr die genaue Zeitdauer eines Songs messen.

Die News vom 3. Juli 1988 um 16 Uhr tönten übrigens so – wer erinnert sich? Ein iranisches Passagierflugzeug wird von US-Raketen abgeschossen; Ex-Diktator Marcos soll die Rückkehr auf die Philippinen ermöglicht werden:

(Lieber in eigenem Player anhören / MP3, 1.5 MB)

Meine erste Platte war “Abracadabra” von Steve Miller – kurz danach machte ich Bekanntschaft mit dem impulsiven BaZ-Radsportberichterstatter Willy Erzberger, der umgehend auf den Sender wollte… dann die ersten Sport-Durchsagen zum Wimbledon-Sieg der 19-jährigen Steffi Graf (gegen Martina Navratilova) – oder Alain Prost, der den GP von Frankreich vor Ayrton Senna gewinnt. Hier einige nostalgische Ausschnitte:

(Lieber in eigenem Player anhören / MP3, 2.8 MB)

Für mich als Teenager wars natürlich das höchste aller Gefühle, nun richtig “on air” zu sein. Das waren nun keine Schülersendungen mehr, das war die grosse weite Welt (dachte ich mit 16 zumindest). Wochenlang stellte ich im Mai und Juni 1988 meinen Moderationshelden Susanne Hänggi und Dani Fornaro die Musik zusammen oder betreute die Sendungen technisch – und nun durfte ich während den sechswöchtigen Sommerferien laufend selbst ran… rückblickend wohl beruflich eine der spannendsten Zeiten meines Lebens.

Der Soundtrack dieses Sommers: Toto (“Pamela”), Dave Dobbyn (“Slice of Heaven”), Ofra Haza (“Im nin’ alu”), Mory Kante (“Yé ké yé ké”), Purple Schulz (“Herz voller Gold“) Eddy Grant (“Gimme Hope Jo’Anna”), Fairground Attraction (“Perfect”), Fat Boys feat. Chubby Checker (“The Twist”), Eighth Wonder (“Cross My Heart”), Brenda Russell (“Piano in the Dark“), Bruce Springsteen (“Tougher Than The Rest”) und andere

Demnächst in JacoBlök für alle Medien-Nostalgie-Freaks: Jugendliche diskutieren im Juni 1988 zum Thema Solarenergie.

3 Kommentare

  1. Ja an diese Zeit erinnere ich mich auch noch..war alles handarbeit..heute ist alles computerisiert und wenn der nicht funktioniert geht gar nichts mehr..
    man hatte zu dieser zeit auch erstmals die möglichkeit dem schon damals drs einheitsbrei auszuweichen und infos und musik von der basis zu geniessen!

  2. Mmmh… deine erste Sendung klang als erste Sendung sehr gut. Da gibt es Leute die beginnen heute mit Radio machen die klingen viel viel schlimmer. Und werden teilweise lange nicht besser.
    Faszinierend Deine alten Tonaufnahmen. Ich habe praktisch alles weggeschmissen.

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