Im ersten Teil der Serie bin ich auf das Image eingegangen, das Sunrise derzeit – nicht ganz unverschuldet – vor allem in den Medien geniesst. Die letzte Zeile lautete: Sieht es in Social Media anders aus?
Fehlanzeige!
Zunächst ist bei Twitter nicht ganz klar, was die Unterscheidung in @Sunrise_Care und @sunrise_de genau soll (@sunrise_fr wurde nota bene letztmals im Oktober 2012 verwendet, @Sunrise_ital gar im Mai 2012).
Aber egal – die Standardantwort lautet sowieso bei beiden Kanälen:
Bitte wende Dich diesbezüglich an unseren technischen Support unter 0800 707 707. Danke für Dein Verständnis. Grüsse
Das kommt angesichts der horrenden Wartezeiten und den inkompetenten “Supportern” der Aussage gleich, man solle doch gleich aufgeben und sich selbst helfen. Hier ist also der Mehrwert von Social Media gleich null.
Man fragt sich leicht irritiert: Weiss das Social-Media-Team von Sunrise tatsächlich nicht, wie schlecht die eigene Hotline ist? Bekommt sie die Weisung von oben, wider besseres Wissen auf die Hotline zu verweisen? Egal: Es ist eine bodenlose Frechheit, zahlende Kunden aktiv in diese Falle zu schicken.
Etwas nützlicher für den leidenden Kunden ist die zweite Standardantwort:
Bitte sende uns Dein konkretes Anliegen an socialmedia_service (ät) sunrise.net mit Kundennummer.Vielen Dank und Gruss.
Mehr dazu weiter unten im Abschnitt zu Facebook.
Bei Pannen – die scheinbar häufiger auftreten als bei der Konkurrenz – heisst es jeweils lakonisch: “Uns sind momentan Probleme mit (…) bekannt. Unsere Techniker arbeiten mit Hochdruck an der Problemlösung.” – Das übliche Blabla. Konkret wird es nur selten.
Wenn jemand nachhakt, heisst es etwa: “Das ist so korrekt. Die Massnahmen für den Netzausbau laufen noch.” Man könnte auch schreiben “Hey, keine Ahnung, ich bin zu faul, die Zuständigen zu fragen – und sie hätten wohl eh nur mit der Schulter gezuckt.”
Das fände ich eigentlich die ehrlichere Variante.
Bisweilen wird das Sunrise-Gezwitscher auch sprachlich lustig: “Nun haben wir eine Schweizweite Störungsmeldung erhalten, welche zurzeit unter Hockdruck gelöst wird.”
Auf Google+ ist Sunrise zwar präsent, aber nur in sehr beschränktem Ausmass.
Zuguterletzt als Zückerchen mein Unterhaltungsleckerbissen schlechthin derzeit: die Sunrise-Facebookseite!
Hier (“Aktuelle Beiträge anderer Nutzer” anzeigen) wimmelt es von herber Kritik am Telekomanbieter. Allein schon die gestellten Fragen müssten jeden vernünftigen Menschen abhalten, zu Sunrise zu wechseln – selbst wenn nur die Hälfte davon wahr wäre.
Eine Zusammenfassung:
- Zwischen 25 und 45 Minuten Wartezeit in der Hotline
- Immer wieder Empfangsprobleme im halben Land: Gar kein Empfang oder selbst über 3G nur lahmes Internet
- Unzufriedenheit über Zuschläge bei Papierrechnungen
- Beschwerden wegen offensichtlich falscher Beratung in Shops oder auf der Hotline
- Unmut wegen nicht korrigierter Falschangaben auf der Website
- Kritik an ausbleibenden Antworten auf Mails und Briefe
- Ärger über nicht / viel zu spät ausgeführte SIM-Lock-Entfernungen
- Gepostete Videos mit verpixeltem Sunrise TV
- Beschwerden dazu, dass bei Sunrise keine Abteilung weiss, was die andere tut
- Ärger langjähriger Stammkunden über schlechte Behandlung
- Generve über nie abonnierte, aber verrechnete Mehrwertdienste
- Ärger über versprochene, aber nie eingehaltene Dienstleistungen
- Immer wieder Zitate wie “endlich habe ich ein gutes Netz – bin jetzt nämlich bei Swisscom!”
- Ärger über nur Hochdeutsch sprechende Hotline-Mitarbeitende
- Immer wieder Aussagen wie “Ich habe schon X-Mal…. Nun reicht es”
Nur zu gerne würde ich hier die Screenshots der besten (und teils gelöschten) Kommentare veröffentlichen, wegen juristischer Grauzonen lasse ich es aber sein.
Nur dieses eine Zitat – für alle Facebookmitglieder einsehbar – muss sein, da es bezeichnend ist:
Herzlichen Dank für einen überaus lausigen, inkompetenten und schlechten Service. Es ist super, wie sich die Swisscom für ehemalige Kunden einsetzt! Sunrise ist alles so egal!!!
Auch wenn die Kritik bisweilen kindisch bis unflätig daherkommt: Es ist auffällig, dass die Kritik fast ausschliesslich negativ ist und die Kunden die offiziellen Supportkanäle schlicht nicht als solche wahrnehmen.
Selbst bei Themen, die Sunrise aktiv zu setzen versucht, münden die Kommentare schnell in heftiges Sunrise-Bashing.
Bei Fragen wie “Bitte geben Sie mir die e-mail-Adresse für eine Reklamation, ansonsten muss ich diese öffentlich posten” lachen sich Sunrisegeplagte und Ex-Kunden nur noch ins Fäustchen – im Wissen, dass eine Mailadresse nichts bringt. Sunrise als tragische Realsatire!
Tipp: Gelöscht werden “Amok-Posts” werktags nach 17 Uhr erst jeweils am folgenden Morgen oder nach dem Wochenende am Montag; an Weekends oder nachts kann man somit den ganzen Karsumpel unzensuriert lesen und amüsiert sich köstlich. Da wimmelt es von Four Letter Words, akzentgefärbtem Deutsch und allerlei Nettigkeiten.
Das Social-Media-Team scheint die dennoch einzige Stelle bei Sunrise zu sein, wo man eine brauchbare Antwort oder kompetente Hilfe bekommt. Der Fairness halber sei darum erwähnt, dass viele Fälle individuell durchs Social-Media-Team gelöst werden konnten, wie positive Feedbacks zeigen.
(Bei jeder anderen Firma müsste man erwarten, dass diese Fälle über die normale Hotline gelöst werden können – aber bei einem Spezialfall wie Sunrise wollen wir nicht so streng sein. Ist ja nur der zweitgrösste Telekomanbieter des reichsten Landes der Welt.)
Alle, die nichts von der Adresse socialmedia_service (ät) sunrise.net wissen, haben bei Sunrise aber einfach Pech gehabt. Nicht nur ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Telefonsupport bei Sunrise unbrauchbar ist (ausser für einfachste Standardfälle und ausser wenn man sehr viel Geduld hat).
Insgesamt ergibt sich trotz guter Ansätze der Eindruck von “Dienst nach Vorschrift zu Bürozeiten”. Ich könnte jedenfalls als Sunrise-Komm-Mensch nicht ruhig schlafen, wenn ich wüsste, dass zahllose Kunden sich die Haare raufen und ihren Unmut auf Facebook & Co. lautstark kund tun. Das Sunrise-Kader scheint aber kein schlechtes Gewissen zu kennen – oder die Geldgeber knebeln sie, obschon sie gern engagierter agieren würden.
Dass Sunrise den Facebook-Kanal überhaupt in der heutigen Form offen lässt und nur relativ sanft zensuriert, erachte ich als kommunikative Gratwanderung.
Allerdings als eine, die ich auch als Ex-Kunde amüsanter finde als jede doofe Sat.1-Reality-Soap!
Ich würde den Hut ziehen, wenn mehr Diskussionen öffentlich geführt würden und daraus abgeleitet interne Vorgänge spürbar so angepasst würden, dass alle Kunden profitieren. Die momentane Kommunikationsform (“schreib ein Mail als Social-Media-Team und wir gucken mal”) schürt hingegen den Verdacht, dass Sunrise nicht alle Kunden gleich behandelt. Wer ein grosser Stürmi ist und Social Media verwendet, bekommt vermutlich auch mehr als andere, die zwar ebenso betroffen sind, aber die Faust im Sack machen. (Gut, hier ist Sunrise nicht ganz alleine.)
Einen krassen Fall von “Stürmen zahlt sich aus, aber dann doch ich so ganz” musste auch ein Sedruner Freund erfahren, der zunächst 2000 Franken hätte für eine vorzeitige Vertragsauflösung bezahlen sollen; angesichts der vielen tagelangen Ausfälle ein schändliches Gebaren. Der Betrag wurde schliesslich zwar reduziert – hätte er den Fall vor die Ombudscom gezogen, wäre er wohl mit dem Restwert des subventionierten Handys statt einem immer noch vierstelligen Betrag davon gekommen. Dieser Weg war ihm aber – verständlicherweise – zu mühsam; er wollte einfach nur noch so schnell wie möglich zur Swisscom zurück. Peinlich für mich, dass ich ihm (und anderen) Sunrise aktiv empfohlen hatte.
Eine Supportcommunity mit engagierten Usern und Moderation wie bei Swisscom sucht man bei Sunrise vergeblich.
Es ist klar, dass Social-Media-Kanäle vor allem dann benutzt werden, wenn’s irgendwo brennt. Auf den ersten Blick könnte man also sagen: “Logisch, dass das einen negativen Eindruck macht”. – Auf der Swisscom-FB-Seite erlebt man aber eine andere Welt: Kaum Wutausbrüche, nur wenige “sanfte Unflätigkeiten”, vor allem aber konkrete Fragen und konkrete Antworten.
Zurück zu Sunrise: Die meisten auf der Facebookseite beschriebenen Erfahrungen durfte ich selbst auch machen. Rückblickend ist zuviel passiert, wo ich komischerweise die Augen zu lange zugedrückt hatte:
- Aktivierung nie bestellter Optionen (teils in meinem Sinne, teils nicht)
- Abzock-SMS eines Sunrise-Partners (mit einem hohen Aufwand zur Folge, das Geld wieder zu bekommen und darin mündete, dass Sunrise alle Mehrwertdienste sperrte, was z.B. auch Abfragen von Autonummern verunmöglichte)
- Inakzeptable Wartezeiten bei Fragen am Telefon oder schlechte Bedienung
- Keine Antworten auf Briefe, E-Mails oder Anfragen via Kontaktformular
- Offensichtliches internes Chaos (die linke Hand weiss nicht, was die rechte tut)
- Probleme beim Umzug
- Etwas länger zurück: Probleme bei der Gesprächsqualität im Festnetz
- Jahrelange schamlose Abzockerei beim Roaming mit astronomischen Tarifen, wurde inzwischen verbessert
- Netzausfälle an Orten, an denen ich mich oft aufhalte; miserable Kommunikation
- Lahmes Netz (EDGE mit Smartphone ist ohnehin bei allen Anbietern unbrauchbar, darum hier auf 3G bezogen), fast überall schlechtere 3G-Abdeckung als Swisscom
Ohne eine gewisse Sonderbehandlung hätte ich wohl schon lange die Schraube gemacht (Sunrise hatte irgendwann entdeckt, dass ich diesen Blog führe, seither hatte ich das Privileg, Mailadressen interner Stellen zu besitzen, die sich jeweils um meine Probleme individuell kümmerten und mir freundlicherweise auch den Abgang erleichterten, wofür ich Sunrise äusserst dankbar bin).
“Normal behandelte” Sunrisekunden erleben, was hier steht:
Schreiben Sie Sunrise kein Brief per Post!
Den liest sowieso niemand und damit erreichen Sie nichts!
Schreiben Sie Sunrise nicht über das Kontaktformular!
Das liest sowieso niemand und damit erreichen Sie nichts!
Rufen Sie nicht den Kundendienst an!
Da hört Ihnen sowieso niemand zu und damit erreichen Sie nichts!
Ich gebe zu, dass ich womöglich aus Wut über die Geschäftspolitik der Swisscom, einem Frust über die zu langsam fortschreitende Liberalisierung oder die Telco-Hochpreisinsel Schweiz lange zu tolerant war mit dem Mitbewerber Sunrise.
Heute muss ich leider sagen, dass mir die Politik egal ist – ich will einfach funktionierende Telekommunikation mit gutem Support zu einem vernünftigen Preis. Inzwischen wage ich die Vermutung, dass die meisten Leute bei Swisscom bleiben oder zurückkehren, weil da “einfach alles gut klappt”.
Und ich muss befürchten, dass die Schweiz vermutlich zusammenbräche, wenn man einer Sunrise den gesetzlichen Auftrag der Grundversorgung zuteilte. Was zum Glück völlig undenkbar ist – aber zugleich so lange nach der Marktliberalisierung ein Armutszeugnis für die Schweizer Telco-Landschaft darstellt.
Zu gern hätte ich zum Schluss von Teil 2 dieser Miniserie geschrieben: “Doch eigentlich muss man sagen, dass Sunrise grundsätzlich gut funktioniert und dass man ruhig zu Sunrise kann, wenn man sicher ist, nie Support zu brauchen oder umzuziehen” – aber auch das stimmt leider nicht.
Im nächsten und letzten Teil dieser Serie erfahren Sie morgen, weshalb.
Hallo
Habe mit Interesse das Thema Sunrise gelesen. Frage wie steht es mit der Qualität des Internetsangebots von Sunrise im Festnetzbereich. Sind da die Probleme ebenso gravierend. Ich bin zur Zeit mit dem Abo Infinity von Swisscom unterwegs. Grundsätzlich zufrieden. Das Angebot von Sunrise bietet jedoch z.B. anstelle den 20’000 kbits die 30’000 kbits (bzw. 30 Mbits) an. und der Festnetzanschluss entfällt (Swisscom 25.35 pro Monat).
Deine Meinung würde mich sehr interessieren
Gruss aus dem Bündnerland, Toni
Hallo Toni
Ich hatte im Bereich Festnetz/Internet keine gravierenden Probleme in den letzten Jahren, vor 2009 und generell bei Umzügen sieht das anders aus.
Ich würde dir aber derzeit generell von jeglichem Kundenkontakt mit Sunrise abraten – wenn es läuft (und das scheint schon ein Wunder zu sein), soll’s OK sein, aber wenn du mal was willst, ist es offenbar die reinste Katastrophe.
Viele User Berichten von lahmen Internetgeschwindigkeiten auch im Festnetz und gravierenden Problemen bei Sunrise TV. Ich würde mal sagen: Wenn dir Sunrise 30’000 verspricht, kann’s gut sein, dass du am Ende 10’000 hast… muss nicht, aber kann.
Ich empfehle dir als Lektüre die “Beiträge anderer Nutzer” auf der Sunrise-Facebookseite oder den Twitter-Account von Pierre Bosquet: https://twitter.com/AlbtraumSunrise/
Selbst wenn man bedenkt, dass eine grosse Firma niemals alle Kunden zufriedenstellen kann: Alleine schon ein Zehntel dieser Kundenstatements würde mir genügen um zu wissen, dass ich mit so einem Saftladen NIE MEHR etwas zu tun haben will. Da geht einfach zu viel schief, da hören sich die ständigen Beteuerungen auch wie ein Hohn an, den Kundendienst verbessern zu wollen.
Nach 8 Monaten Swisscom will ich keinesfalls mehr zu Sunrise zurück. Gerade im Kundendienst sind es nicht nur Welten, sondern Galaxien. Ich bin noch heute wütend auf Sunrise – aber auch auf mich: Dass ich mich von denen so lange habe verarschen und hinhalten lassen, ist ein Hohn. An sich müsste man sie auf Schadenersatz verklagen für all den Aufwand, den man hatte.
Wenn du also eine klare Antwort willst: Finger weg von Sunrise.
Salids
Andi