Vintage-Skifahren, Teil 30: Ottenleuebad

Im Gantrischgebiet zwischen dem Berner und Freiburger Voralpen-Hinterland buhlten einst acht Skigebiete um Publikum: Selital, Rüschegg-Eywald, Schwefelbergbad, Gurnigelbad, Riffenmatt, Gantrisch-Gurnigel, Ottenleuebad und Schürguet-Almisried bei Riffenmatt. Wenn man Blumenstein unterhalb des Gantrischgebiets dazu zählt, sogar neun.

Heute sind deren sechs (oder eben sieben) übrig: Der Skilift Schürguet-Almisried wurde längst abgeräumt, der beim Schwefelbergbad läuft seit rund 5 Jahren nicht mehr (Skiliftkenner Michael Meier war 2009 noch dort). Schade, denn letzterer wäre DER Tophang im ganzen Gebiet.

Für ein Voralpengebiet ist das eine beträchtliche Menge auf so kleinem Raum. Inzwischen existiert ein gemeinsamer Saisonpass, der zudem zu 50% Rabatt in der Jungfrauregion und bei den Kaisereggbahnen in Schwarzsee (gleich um die Ecke) berechtigt. In der Vor- und Nachsaison gibt’s von Grindelwald/Wengen sogar eine Tageskarte für 15 Stutz.

Rüschegg-Eywald ist ein saumässig langer Lift, Selital und Gantrisch-Gurnigel bieten ebenfalls viele und ansehnliche Pisten. All diese Destinationen sind zudem recht gut und schnell ab Bern zu erreichen. Ottenleuebad liegt hingegen etwas weiter “im Chrutt dusse”; nicht viel weiter, aber doch so weit, dass ich das Gebiet bisher vernachlässigt habe.

Am letzten Samstag war es endlich so weit: ich verbrachte drei coole Skistunden in Ottenleuebad.

Hinter dem Namen verbrigt sich primär eine Ferienhaus-Siedlung in einer sehr ruhigen Gegend, fernab jeglichen Trubels.

Sie ist nur über eine Nebenstrasse erreichbar, die von der Hauptstrasse abzweigt, die den Gurnigelpass überquert und über die man auch zu den Skiliften Gantrisch-Gurnigel kommt. Da oben nutzen Hobbyfotografen die massiven, grossen Panzerplatten, um tolle Sternenhimmel-Nachtaufnahmen zu machen, ohne dass das Licht von grossen Siedlungen sowie Erschütterungen stören.

Allein schon dies sagt aus, dass man hier wirklich erstaunlich nahe am A… der Welt ist. Erstaunlich, weil Bern und Thun nur rund 45 (kurvige) Autominuten weit weg liegen. Die Website – mit Cam! – wirbt wie folgt für das Gebiet:

Zu Ottenleue gehören das Hotel Ottenleuebad, die Ferienhaussiedlung, Bauernhöfe und Sennereien. Ottenleue liegt am Südhang der Gurnigelkette, inmitten einer herrlichen Alpennatur, in sehr geschützter und reizender Lage. Während es im Norden durch den Wald besetzten Bergrücken gegen Nordwind vollständig geschützt ist, steht dagegen die ganze Südseite der wundervollen Aussicht auf die Stockhornkette offen. Das Ottenleuebad ist ebenfalls ein guter Startplatz für das Langlaufnetz des Gantrischgebiets. Ausgerüstet mit Schneeschuhen erreichen Sie in ca. 30 Minuten den Horbühlpass oder die Pfyffe. Gefahrloses Schlittelvernügen ist möglich auf einem abgetrennten Teil des Skihangs oberhalb des Seelis in schönster Südlage.

Die Hinfahrt machte ich ab Bern via Schwarzenburg-Plaffeien-Sangernboden (man fährt quasi nach Schwarzsee und zweigt hinter Plaffeien links ab). Schon vor Schwarzenburg war ich aus dem Nebel draussen. In Sangernboden hat es ein Schild zum Lift; hier muss man links abbiegen:

Zurück ging’s am Abend über eine wunderbar malerische Strasse auf der Rückseite jenes Hügelzuges, an dem ich Ski fuhr, nach Riffenmatt – durch tief verschneite Wälder und mit einer tollen Aussicht auf Guggisberg (weltbekannt für das Vreneli und ihr Lied) und das Guggershörnli.

Da oben durfte ich für einen Kunden auch mal eine Webcam aufstellen, und derzeit arbeite ich an einer neuen Website für Guggisberg Tourismus.

Und dazwischen lagen eben drei Stunden am Skilift Ottenleue-Egg, einer Habegger-Anlage von 1968. Der Schlepper hat die für den Thuner Hersteller typischen N-förmigen Stützen in der leichten Ausführung. Kein Wunder; der Lift ist nur etwas über 700m lang und überwindet bis zur Bergstation auf 1630müM rund 200 Höhenmeter.

Hier ist alles sehr urchig und gemütlich: Der Bügelgeber hat schon ein paar Jährchen auf dem Buckel, scherzt aber mit den lokalen Teenies,wie wenn er selbst einer wäre. Der Senior bei der Bergstation hat eine Pfeife im Mund und spricht bedächtig im lokalen Dialekt in das Funkgerät, wenn der Lift nach einem Stopp wieder anzufahren ist. Das Personal war auch schon in der Zeitung porträtiert.

Erinnert mich alles stark an meine Jugend an der Sekundarschule (Mathe- und Geo-Lehrer Emil Merkli sah etwa aus wie der Skiliftbügelgeber heute) oder an die Kindheit in Sedrun mit alten Haudegen wie Gion Benedetg im Kassenhäuschen – nur, das war eben etwa 1978…

Das Publikum: Ferienhausbesitzer, Familien aus der Stadt mit kleinen Kindern, einheimische Jugendliche. Der Schnee war eher “naja” – momentan liegt er da oben nur spärlich, es war aber knapp genügend. Ist halt ein Südhang, und mit braunen Flecken und Grasbüscheln muss man derzeit rechnen. Ein Video mit etwas mehr Schnee hat es hier.

Aufgepasst – die Öffnungszeiten sind gelinde gesagt “selten”! Derzeit surrt der Lift nur am Wochenende; mehr ist auf dem Internetauftritt zu erfahren. Die Anfahrt bedingt ein gewisses Schneekönnen; ab Zollhaus bzw. Riffenmatt ist das Strässchen (Stand Januar 2017) meist schnee- oder matschbedeckt, die letzten Kilometer sind einspurig (mit Ausweichstellen).

Die Gegend ist mehr als malerisch. Von der oberen Umlenkstation sieht man zwischen den Bäumen durch Gösgen aus dem Hochnebel dampfen, von der Piste aus die Jurahügel am Genfersee, von überall her die Gantrischkette und die Freiburger Berge in Richtung Jaunpass.

Alles in allem: Genau so mögen wir das. Stundentarife (3h = 20 CHF), Kartontickets, “Originale”, SKA-Aschenbecher neben TOKO-Wachsstücken, ein wunderbarer alter Lift. Es könnte genau so gut 1987 sein. Unterstützenswert hoch zehn!

Mehr Fotos gibt es in meinem Alpinforum-Bericht oder “die volle Dröhnung” auf skiliftfotos.ch.

Das Video:

Die bisherigen Teile dieser Serie: Eggiwil / Marbach und Bumbach / Les Breuleux und Tramelan / Nachtskifahren Linden / Selital (Gantrisch) / Hohe Winde / Grandval / Engstligenalp / Langenbruck / Prés-d’Orvin / Faltschen / Aeschiallmend / Gantrisch-Gurnigel / Les Bugnenets-Savagnières / La Corbatière / Rüschegg-Eywald / Dent de Vaulion / L’Audibergue (F) / Gréolières-les-neiges (F) / La Berra / Habkern / Heiligkreuz / Vallée de Joux / Elsigenalp / Eriz / Eischoll-Unterbäch / Le Pâquier Crêt du Puy / Chuderhüsi und Linden / Grencheberg

Ein Kommentar

  1. Bin Ferienhausbesitzer im Ottenleuebad und freue mich jedes Jahr wieder, wenn der Lift die Saison eröffnen kann. Den Betreibern des Liftes gehört ein grosses Dankeschön für ihren unermüdlichen Einsatz.
    P. Schwab

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