Die SBB werden knausrig: Im Geschenk-Päckli zum neuen GA steckten auch schon mehr Gutscheine drin. Und vor allem sinnvollere: Wer ein Halbtaxabo vermittelt, wird dafür belohnt. Nur: Kennen Sie jemanden, der kein Halbtax oder GA hat? Eben.
Kein Wunder: Soviel Menschen wie noch nie besitzen ein Halbtax. Dieses “Geschenk” kann also nur als Wettbewerb oder Aufforderung zu körperlicher Ertüchtigung gemeint sein: Wer findet noch jemanden ohne Halbtax?
Rätselhaft ist auch die kokette Aufforderung, “jetzt gleich” auf mobilbonus.ch einen persönlichen Code einzugeben, der einem “viele weitere Vorteile” eröffnen soll. Aha, schön! – Losgesurft… und enttäuscht: Ein Feld, um den Code “gleich einzugeben”, sucht man auf dieser Seite vergeblich. Also mal suchen… vielleicht unter “Registration”? – Fehlanzeige. Die vorhandenen Formularfelder lassen darauf schliessen, dass man zuerst einen komplizierten Registrationsprozess durchlaufen muss, um zu den versprochenen Angeboten zu gelangen.
Tatsächlich: Ohne Erzeugung eines Accounts und Angabe aller Adressdaten geht nichts – dabei haben die SBB ja diese Daten schon seit Jahren und könnten sie mit dem zugestellten Code verknüpfen. Und wofür die meine Handynummer wohl brauchen…?
Ein Fall für Usability-Spezialist Peter Hogenkamp, der in seinem unterhaltsamen Blog weitere solche Beispiele aus dem Alltag aufzählt. Auf seinem Projekt Medienlese finden wir auch den guten alten Pit Sennhauser wieder, der sich neustens fürs Bloggen bezahlen lässt. Clever!
Liebe SBB – zurück zu euch weniger Cleveren. Ich liebe mein GA und ich besitze seit über zehn Jahren eines. Aber produziert doch bitte mit meinem Geld keine solchen Usability-Nullnummern. Streiken liegt da also schon gar nicht drin. Eigentlich sollte ich fürs GA diesmal 100 Franken weniger überweisen.
Wie wär’s damit? Halbtax-Abonnement abschaffen und die Preise halbieren? Ein wesentlicher Teil der Fahrgäste ist sowieso mit Halbtax oder einem anderen Abonnement unterwegs… der ganze Aufwand fürs Halbtax würde entfallen… und mit den tieferen Preisen könnte man allenfalls sogar neue Fahrgäste anlocken (wohl zum Leidwesen der bisherigen)…
Auch die SBB hat noch ein wenig Mühe mit dem 21. Jahrhundert – wie die Migros – und beantwortet Anfragen, die sich auf Blogeinträge beziehen, lieber per E-Mail statt im Blog, wie es sich gehört. Nun denn; copy-paste:
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Sehr geehrter Herr Jacomet
Wir haben die Rückmeldung gelesen und möchten darauf wie folgt Stellung nehmen.
Es gibt in der Tat über 2 Millionen Halbtax-Kunden. Auf dieses Resultat sind wir stolz. Diese Zahlen beweisen uns, dass es sich beim Halbtax um ein Top Angebot handelt, welches unsere Kunden nicht missen möchten. Wenn in Ihrem Bekanntenkreis alle bereits ein Halbtax oder GA besitzen, freut uns das auf der einen Seite sehr und auf der andern Seite bedauern wir, dass Sie niemand mehr finden der noch kein Halbtax besitzt.
Den persönlichen Code den Sie erhalten haben, diente zu Ihrer Identifikation unter http://www.mobilbonus.ch/mitmachen . Hierbei handelte es sich um einen Wettbewerb der mittlerweile abgelaufen ist. Um die Eingabe Ihrer persönlichen Daten zu vereinfachen wurde der Code geschaffen.
Es ist so, dass Sie erst dann von den Angeboten unter http://www.mobilbonus.ch profitieren können, wenn Sie sich registriert haben. Eine automatische Verknüpfung, der uns vorhandenen Kundendaten mit mobilbonus.ch ist nicht möglich, weil nicht alle Kunden von der Online Ausgabe des Mobilbonus profitieren möchten.
Wir hoffen, Ihnen mit diesen Angaben zu dienen und würden uns freuen, Sie auch weiterhin in unseren Zügen zu begrüssen.
Freundliche Grüsse
Stefan Jossen
Schweizerische Bundesbahnen SBB
Contact Center Personenverkehr
GA-Service-Center
In Ihren Zügen dürfen Sie mich weiterhin gerne begrüssen. Aber eine adäquate Antwort, die sich auch auf meine Anfrage bezieht, wäre z.B. gewesen:
"Bezüglich Halbtax-Suche sind wir uns bewusst, dass die meisten Leute schon ein Halbtax besitzen. Leider erlaubte unser GA-Marketing-Budget keine grossen Sprünge mehr, sodass wir auf diese zugegebenermassen nicht sehr phantasievolle Idee zurückgreifen mussten. Was die Eingabe des Codes angeht, werden wir unsere Usability-Spezialisten darauf hinweisen, die Eingabe bei der nächsten Aktion zu vereinfachen und fortan den Code mit den Kundendaten zu verknüpfen."
Fazit: Ehrlichkeit und mal den Finger rausnehmen würde von mir eher honoriert als Marketing-Gelaber.
Huch. Monate später findet man über einen Kommentar woanders und Trackback und und und seinen Namen irgendwo. 🙂
Jaja, die schöne neue Trackbackblogflickryoutubewelt 🙂
In der Antwort der SBB steht:
“Eine automatische Verknüpfung, der uns vorhandenen Kundendaten mit mobilbonus.ch ist nicht möglich, weil nicht alle Kunden von der Online Ausgabe des Mobilbonus profitieren möchten.”
Sprich: Da kommt einmal mehr der Datenschutz ins Spiel. Für mich liest sich dieser Satz so: “Wir dürfen die Daten, welche wir von Ihnen aufgenommen haben, nicht mit Ihrem persönlichen Code verknüpfen, da der gesetzlich vorgeschriebenen Datenschutz dies nicht erlaubt. Würden wir der Usability wegen die Daten, welche wir von Ihnen erhalten haben, mit dem Wettbewerb oder Code verknüpfen, mächten wir uns strafbar.”
Oder sehe ich das was falsch?
Grundsätzlich nicht. Aber wenn man bei der Bestellung – oder in einem Onlineprofil (wie wir das aus unserem Netzalltag mehrfach kennen) – ankreuzen kann, welche Daten die SBB wofür verwenden darf, sollte das kein Problem sein; auch DAS ist Usability. Datenschutzkonform. Man muss nur wollen…
Einverstanden. 🙂
Lustigerweise wurde genau das bei der neuen Werbeaktion mobilbonus.ch/konfetti gemacht: Die Daten mit dem Code verknüpft.
Hab da gestern einen Blogbeitrag darüber geschrieben und jetzt werde ich von ungehaltenen Kundenmails überschwemmt, weil alle denken, ICH sei die SBB 😉
ich versuche mich bei mobilbonus.ch/konfetti einzuloggen, und finde keine möglichkeit dazu. kann mir jemand dabei helfen?
Da müssen Sie sich schon an die SBB wenden – womöglich merken die dann, dass sie Usability-Schrott produzieren…