Seit Jahren fragt sich das Schweizer Filmpublikum, was “Bund”-Journalistin Brigitta Niederhauser am 1. November 2005 so wunderbar auf den Punkt brachte: “Warum nur spielen Schweizer Filmschauspielerinnen und -schauspieler Heimattheater wie im Ochsen-Säli, sobald die in Mundart drehen?” Das war anlässlich des Giacobbo-Flops “Undercover”, wobei schon nach dem überbewerteten “Ernstfall in Havanna” klar war, dass Viktor lieber sein Spätprogramm weitergeführt hätte. Samirs “Snow White” nahm einem den letzten Mut; von ihm hätte man solides Handwerk erwartet.
Schweizer sollten die Finger vom “grossen Kino” lassen, dachte man sich verschämt, und war froh, sich nach all den Ochsen-Säli-Leistungen bald wieder an schwedischen oder französischen Filmen erfreuen zu können.
Dann kam Michael Steiner.
Zuerst mit “Mein Name ist Eugen” – und jetzt mit “Grounding“, der ein verblüfftes Kinopublikum im Saal zurücklässt: Ist das wirklich eine Schweizer Produktion, die einem während zwei Stunden gefesselt hat? Selten ist es möglich, aus einer hiesigen Produktion zu spazieren und – wenn man die vor Staunen offene Klappe wieder zugebracht hat – zu sagen: “Das war perfekt, technisch und schauspielerisch, Punkt.”
Der Film hat eine Dichte, die in einem Schweizer Film dieser Länge wohl noch nie vorkam. Leuten wie Michael Steiner gehört die Zukunft des hiesigen “Mainstreamfilms” – wenn er bei der Enabnahme noch gemerkt hätte, dass Stephan Klapproth kaum in einem ntv-Beitrag vorkommt und in die entsprechenden Beiträge auch noch das echte ntv-Logo von 2001 hineingebastelt hätte, könnte man ohne Einschränkung sagen: Das kommt gut.
Natürlich hatten Steiner und sein Team mit dem dramatischen Stoff ein vergleichsweise leichtes Spiel – heute noch wird im Forum der Filmwebsite eifrig über Ospel, Corti & Co. debattiert. Doch Originalmaterial, TV-Ausschnitte und fiktive Szenen derart nahtlos ineinander zu verweben, ist eine herausragende Leistung. Ein so stark montierter Film wird auch international verwertbar sein. Chapeau.
Der Tag nach dem Grounding: Bern am 3. Oktober 2001 – und wenn auch nur ein Bruchteil der Darstellung im Film stimmt, fühle ich mich im Entschluss bestätigt, kurz darauf alle UBS-Konten aufgelöst zu haben.
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Diese kleine Perle in Sachen UBS-PR-Topleistung darf natürlich in keiner Sammlung fehlen: 10vor10 2.10.01 (Wer hätte gedacht, dass die UBS 48 Stunden lang hart arbeiten muss – übers Wochenende, notabene – um einen Geldbetrag zu überweisen, wie uns Herr Togni verzweifelt erklärt!
Was das Filmschaffen in der Schweiz angeht, da haben sowohl Frau Niederhauser, wie der Blöker zu wenig tief in der Schatztruhe des Schweizer Films gegraben. Oder ‘Strähl’ schon vergessen (IMDB)? Was ist mit ‘Reise der Hoffnung? oder “Exklusiv”? Alles Filme auf Mundart, aber eben nicht ‘typische’ Schweizerfilme.
Aber aber, Sultan: Bei “Exklusiv” scheinst du nicht so richtig wach gewesen zu sein im Kino, oder deine sonst so kritische Film-Ader muss einen Aussetzer gehabt haben: Das war bestenfalls ein gut gemeinter Versuch à la “Snow White”, den Anschein von Hollywodität zu erwecken. “Exklusiv” ist für mich das Paradebeispiel von Ochsen-Säli-Schauspielerei. – Schade aber, dass man von Forschmayer nicht mehr wirklich viel gehört hat.