Kürzlich in einem Chrache im Berner Oberland gesehen: Das altehrwürdige graue Teil funktionierte bestens. Auf dem iPhone daneben hiess es nur “Kein Netz”.
So ein graues Monstrum mit Wählscheibe (und so ein Bleistiftspitzer!) stand vor Jahrzehnten tatsächlich zu Hause herum. Aus der Diasammlung ist dieses Bild von 1977 erhalten – Klein Blöker mit edlem Langhaarschnitt posiert mit Telefon nebenan:
Wenige Monate zuvor hatte die PTT (Kreistelefondirektion Basel) meiner Mutter mit der Anrede “Fräulein” mitgeteilt, dass der Anschluss in unserer ersten eigenen Wohnung bereit und die Abonnementserklärung sofort (unterstrichen) zurückzusenden sei. Hier, verstanden!
Unten steht übrigens die Fortsetzung des Befehlsausgabe: In der Antwort muss “unser Zeichen” stehen, pro Brief sei nur ein Thema zu behandeln und die Korrespondenz sei dienstlich, nicht persönlich, zu adressieren.
Dabei lag auch ein Auszug aus dem Telefonverkehrsgesetz und ein Satz dieser netten Karten, mit dem man seinen Bekannten signalisieren konnte, dass man nun auch dieses neumodische Dings namens “Telefon” hat und mit der Welt verbunden ist:
Zu dieser Zeit hatten Steve Jobs und Steve Wozniak übrigens gerade den Apple II auf den Markt gebracht.
Vier Jahre später begann allerdings auch bei uns die Tastentelefon-Ära. Diese sündhaft teuren Apparate (die Miete dieser High-End-Dinger kostete bei der PTT 25 Franken pro Monat) erspähte ich kürzlich im Museum für Kommunikation, unseres war das grüne:
Ich dachte als Neunjähriger, dass ich nun endlich schneller verbunden sein könnte, denn tippen geht ja schliesslich viel schneller als die Wählscheibe rotieren zu lassen. Aber weit gefehlt – nix da mit digitalem Telefonnetz: Jeder Tastendruck löste einfach ein “drrrrr” der adäquaten Länge aus. Man konnte so schnell tippen wie man wollte; das Einstellen der Nummer dauerte genau so lange wie bei beim Scheibentelefon.
Die Impulsklicks kamen uns hingegen vor genau 20 Jahren in der RS sehr entgegen, als wir mit dem “Feldtelefon 50” über zivile Anschlusskästen gratis nach Übersee anrufen konnten – zehn Klicks für die Null, fünf Klicks für die fünf…
Nicht dass ich auf dieses Bild stolz wäre – unter dem Kämpfer trug ich im Sommer 1992 selbstverständlich zum Leidwesen meines Zugführers ein “Stop-F/A-18“-Shirt.
Zurück ins zivile Leben. Some things, however, never change: Aus der Oberbaselbieter 98 zwar ist inzwischen 971 geworden, doch die letzten vier Ziffern der Nummer sind immer noch die selben wie damals im Februar 1977 von der Kreistelefondirektion Basel vergeben.
Ich habe allerdings keine Ahnung mehr, wann ich meine Mutter das letzte Mal auf dem Festnetz zu erreichen versuchte.
Ich hatte die orange Ausführung. passend zur Sitzgelegenheit mit den (selbstverständlich!) orangen Kissen und den dunkelbraungebeizten Harassen als Büchersgestell daneben … 🙂
Nostalgische Grüsse
Hausfrau Hanna
Und wie kam ich mir doch fortschrittlich vor, als ich mein erstes eigenes Festnetztelefon (pah, als ob es damals etwas anderes als ein Festnetz gegeben hätte!) käuflich erwarb, während noch alle um mich rum angstvoll sagten: “Jä, und was machsch wänn’s dänn emal kaputt gaat?!?”
Scheint Jahrhunderte her zu sein.
Jahrtausende, mindestens!
Schön waren auch all die feschen Telefone “nur für Export” in den Fachgeschäften wie “Radio TV Steiner”… wie wenn das jemand beachtet hätte.
Unser erstes drahtloses Festnetztelefon in Sedrun (mit ca. 40cm ausziehbarer Antenne, Stand etwa 1986) mussten wir immer verstecken, wenn jemand vom EW kam – es war strengstens verboten, irgend etwas nicht PTT-konformes an die wertvollen Leitungen zu hängen.
Da gabs auch noch diese Zähler mit dem roten und weissen Knopf, die im 10-Rappen-Rhythmus tickten. Wahnsinn.
Wo sind sie geblie-ieben? Und die Folge dieser Abschottung eines kleinen Marktes war, dass sie alle verschwunden sind: Zellweger, Autophon, Hasler, Gfeller. Da nützte auch die flucht in die ASCOM nichts mehr!