Kuno sitzt, noch melancholischer als sonst, spätabends an einem (ausnahmsweise) Novemberdonnerstag am Küchentisch und erzählt Geschichten. So kommt “Haubi Songs” rüber – die CD ist ab morgen Samstag im Handel.
Mit den ZW-CDs ists stets ein Rauf und Runter. Jede zweite ist top; “Aloha” war meisterlich, “Haubi Songs” fällt turnusmässig etwas ab, aber weitaus weniger als andere Scheiben. Für CD-Einschieber-und-Durchhörer ist sie eher nichts. Wer aber gerne in Laueners Wohnung Platz und sich Zeit für seine Geschichten nimmt, wird glücklich werden.
Der grosse Ohrwurm fehlt – Songs wie “Zimmerwaud”, “Geri Gagarin” oder “Römer” ab “Aloha”, die zumindest in einer eingängigen Melodie auch eine gelassene Zuversicht verbreiten, fehlen beinahe ganz. Kuno geht halt auch langsam gen 50 Lenze. Fische versänke wird wohl der einzige Airplay-Hit bleiben – was völlig egal ist.
Dafür gibts aber:
– Einen Song für Andreas von schweizweit.net, “Vo Tier u von berüehmte Mönsche”, ein fein beobachteter Ausschnitt aus dem Alltag eines Bahnhofssprechers mit Sehnsüchten – wie viele der Songs tatsächlich ein halber, wie angekündigt: Weitere Teile der Songs als sonst überlässt Kuno das Feld seinen Instrumentemannen und Effekteerschaffern Fehlmann, Etter und Stäuble. Noch nach dem zehnten Anhören entdeckt man wieder irgendwo ein Einstreusel und fragt sich – woher zum Henker hat er denn das schon wieder…?
– Den Titelsong, very sweet, Kunos zeitweise martialischer Kampf mit den Zeilen, Bruchstücken und Fresszetteln in der Küche. Beruhigend: Lauener bleibt Sieger nach Punkten (aber leider kaum als Folge emotionaler Höhenflüge wegen überragender Leistungen “unseres BSC”, der im Cover ganz am Schluss verdankt wird).
– 05:55, Post für Frau Gainsbourg – zufällig stellten wir unseren Wecker gestern ebenfalls auf diese unmenschliche Zeit.
– “Schpinnele okay”… da holt mich Kuno halt schon einmal mehr voll ab, wie damals mit den Vanillecornets an der Aare – als Dachgärtner findet man die Tierchen im Herbst eben schon okay. Die söue nume cho.
– “Es Blatt im Wind”, so etwas wie der zweite Ohrwurm der Platte. Wen wunderts – er stammt von Hanery Amman und Polo Hofer (1976). Das alte Zeug ist halt schon noch gut.
– “Johnny & Mary”: Nochmals solide neu aufgelegter Altkram. Der Titel für die 80er-Fans, ein Cover des Robert-Palmer-Hits von 1980. Wunderbar, wie Kuno die Vorlage auf Berndeutsch umsetzt – mein persönlicher Favorit auf “Haubi Songs”:
Johnny’s always running around
Trying to find certainty
He needs all the world to confirm
That he ain’t lonely
wird zu
Dr Johnny secklet imer dervo
Solang irgendwo nones Liechtli brönnt
Är brucht die haubi Schtadt wo ihm ständig verzeut
Är sig hie nid für nüt
– Und nebst anderem eben noch “Und”, eine Hommage an Erzählungen à la Endo Anaconda, angelehnt an die Melodie von “I schänke dir mis Härz”. Der schrullige Nachbar, dä aut huere Schpinner, drückt eben all die finsteren Wolken doch beiseite. Gut so.
Fazit: Kaufen, im stillen Kämmerlein geniessen – oder noch besser, zum Fenster rausguckend, auf der Bahnfahrt nach Osten an einem vernebelten Morgen.
Übrigens: Brigitta Niederhauser kann viel besser Platten besprechen als der Blöker.
tja – haubi songs. ich muss sagen, ich habe gestern im auto 2 stunden lang die cd gehört und bin echt enttäuscht darüber. ich würde das fazit also eher so definieren: im regal stehen lassen, ins stille kämmerlein zurückziehen – oder noch besser, zum fenster rauswerfen, auf der bahnfahrt nach osten an einem vernebelten morgen.
ich habe dafür eine absolute kultur-cd-des-jahres entdeckt aus züri (eben, als ich in den osten fuhr gestern…): die HORA’BAND mit ihrem neusten album! leute, das müsst ihr hören. das hebt die laune und ist wohl das erfrischendste und das beste, was die schweiz an halben Songs im angebot hat! http://www.hora.ch
Also zwei Stunden reichen nicht, im Fall… nach zwei Stunden hätte ich das vermutlich etwas so wie Du geschrieben, einverstanden. Nach 5-10x hören erkennst Du erst den wahren Wert der Scheibe. Und es ist ja nicht per se schlecht, wenn eine Platte so ist.
Zum Fenster rauswerfen: Nein, DEFINITIV nicht! Aber ist ja gut, wenn wir nach der Anzeiger-Geschichte (so sie denn wirklich zu Ende ist…) mal wieder etwas divergieren 🙂
Hora…? Das hast Du aber gut bei Kollege Kuhn abgeschrieben!
!!! Das ist ja lustig! Ich wusste das echt nicht, im Gegenteil! Ich lese die Weltwoche schon seit über einem Jahr nicht mehr und bin jetzt echt platt über diesen Zufall. Echt. Ich habe das Album der Hora breits seit 2 Wochen mit mir rumgetragen und am Donnerstag zum ersten mal in Zürich im Auto angehört. Bisher habe ich weder recherchiert, noch je etwas von dieser Band gehört – ich hatte sogar echt Angst, dass es wiedereinmal ein Glanzstreich ist, der im Januarloch verloren geht.
Das ist ja echt witzig…
@ensuite: Ich hab mich schon gewundert und dachte, dass Du doch eigentlich eher nicht so der “Weltwoche”-Typ bist 🙂
ja, tatsächlich, die weltwoche habe ich jetzt vor 1.5 jahren abgehängt. im sommer 2006 war sie noch super, hatte grad ein highlight – danach mit dem köppel sank das niveau zu sehr und seither habe ich kaum mehr eine nummer gesehen. aber in der musik “hätten” sie eigentlich gute leute gehabt…
Ja gut, “Handtäschlifrau” Albert Kuhn ist eh cool, das steht fest.
Bravo Kuno – die neue Scheibe habe ich gleich beim ersten Hören ins Herz geschlossen.
meine lieben, ich hörte mir die cd auch zweimal im auto an und war vom ersten ton an hin und weg, bei track nummer drei (ei einzegi sekunde) war ich dann endgültig überzeugt. was für ein supertolles werk. kluge texte und viel platz für die musik. und ja, ich kann’s beurteilen, verfolge die jungs seit fast anbeginn und sah sie x-mal. und übrigens: live kommen sie immer noch sehr gut, sah sie im kofmehl, nur die leute entäuschten und gingen kaum ab.
mir gefällts!;-)