«Sie wollen andere als Vollidioten darstellen»

Leider ein weiteres Kapitel im schwarzen Buch “beim Sunrise-Kundendienst anrufen”.

Vorgängig: Ich bin ein grosser Fan von Sunrise und finde es wichtig, dass im Telekommarkt eine gesunde Konkurrenz herrscht. Die Liberalisierungs-Verhinderungs-Politik der Swisscom halte ich für gelinde gesagt fragwürdig.

Nur scheint sich langsam herauszukristallisieren, dass der Kundendienst bei der Swisscom stimmt – und bei Sunrise cablecommässig den Bach runter geht. Dieses Erlebnis von gestern untermalt leider, dass es wohl eben doch so ist: “Günstige Preise = mangelhafte Bedienung”.

Im Zuge einer Züglete muss ich wieder mal einen Ortswechsel von Festnetz und ADSL einleiten. Die Nummer der heutigen Bewohner ergibt aber beim Nummerncheck eine Fehlermeldung. “Oje – das wird wohl wieder mal kompliziert”, seufzt der Blöker.

0800 707 707 wählen, zuerst mal 17 Minuten Wartezeit in der Schlaufe verbringen. Dann: “Ja, das ist komisch – hm, das sehe ich hier in meinem System nicht, ich muss Sie weiterverbinden.” – Nächste Person nach 45 Sekunden Wartezeit: “Ich höre Sie nur sehr schlecht.” – Blöker: “Ja, das ist leider so, seit ich einen entbündelten Sunrise-Anschluss habe. Aber das ist ein anderes Problem.” – “Nun gut, das mit der Nummer sehe ich hier leider nicht. Vermutlich ist das eine Cablecomnummer. Ich muss Sie der Technik weiterleiten.”

Weitere acht Minuten Wartezeit.
Eine Frau mit Ostschweizerdialekt meldet sich.

Ich schildere das Problem. Quintessenz nach rund fünf Minuten wirrem Hin und Her rund um Entbündelung und Umzüge: “In diesem Quartier hats offenbar kein ULL [Unbundled Local Loop; Möglichkeit zur Einrichtung entbündelter. d.h. vom Ex-Monopolisten Swisscom unabhängiger Anschlüsse, Anm. d. Verf.]. Das wird vermutlich also nicht gehen.”

Blöker: “Naja, also so weit draussen auf dem Land ist das nicht. Versuchen wir doch mal den Anschluss einer Nachbarin zu prüfen.” (Wieso kommt der Kundendienst nicht selbst auf die Idee?)

“Aha, ja, stimmt… ja, das Quartier scheint ULL-fähig zu sein. Gut. Aber eben, Sie brauchen eine Telefonnummer der heutigen Bewohner.” – “Haben wir doch?” – “Ja, aber mit der gehts nicht.” – “Vielleicht telefonierten sie über Cablecom, das kann sein. Aber alle im Quartier haben Nummern, die so beginnen. Das war früher sicher eine Swisscomnummer.”

“Ich müsste das bei der Technik fragen.” – “Aber dahin wurde ich doch vorhin weitergeleitet?” – “Nein, hier ist der normale Kundendienst.”

Aha. Jetzt gebe ich innerlich wieder mal auf und beginne seufzend, von meinen Kundendiensterfahrungen bei Sunrise zu erzählen und dass ich mir einmal mehr grosse Sorgen mache, dass es nicht klappt. (Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass der letzte Umzug problemlos klappte.)

“Sorry, ich befürchte, so wie das Gespräch bisher lief, kommt das nicht gut. Wir sprechen nun schon eine Weile, und Sie können mir nicht sagen, wer was tun muss. Ich melde mich wohl doch lieber wieder bei meinem Kumpel von der Medienstelle. Diese Möglichkeit haben ganz gewöhnliche Kunden zwar nicht, aber ich möchte einfach wirklich nur, dass ich dann sicher auch ADSL habe im Dezember.”

Das Wort “Medien” schien bei der Kundenberaterin irgend eine Sicherung durchbrennen zu lassen, auch wenn ich eher verzweifelt denn wütend wirkte.

“Was Presse? Sie sind genau so einer, der andere möglichst in die Falle locken und danach als Vollidioten darstellen will.” – Wie bitte? Eine Kundenberaterin sagt das einem langährigen Kunden? (Kein Scherz, sie sagte “Vollidioten”.)

Und noch weiter: “Ich spüre das. Sie suchen geradezu das Haar in der Suppe und gehen dann zu den Medien damit. Das steht auch hier in Ihrem Profil.” (Anmerkung: Wenn Sunrise-Kundenberater mein Dossier öffnen, sehen Sie, dass ich einen Blog zu Telekom-Themen führe.)

Blöker: “Sie kennen aber schon den Unterschied zwischen Ihrer eigenen Medienstelle und der Presse und wissen, was ein Blog ist, oder?” – “Muss ich das?” … naja, wäre wohl von Vorteil, das heutzutage zu wissen.

Wenn man als normaler Kunde will, dass “es einfach funktioniert” und gut beraten wird, auf Sonderfälle trifft und dann – erinnert an frühere Erlebnisse – leicht enerviert ist, wird man beim wichtigsten Swisscom-Konkurrenten also als einer bezichtigt, der “andere als Vollidioten darstellt”.

Gut zu wissen.

Ich blieb ruhig, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. “Sie wissen aber schon, dass unser Gespräch bei Ihnen aufgezeichnet wird? Es ist keine gute Idee, einem Kunden so etwas zu sagen.” – “Das ist mir egal. Was wollen Sie denn?” – “Bitte verstehen Sie: Ich hatte wirklich sehr viele schlechte Erfahrungen beim Sunrise-Kundendienst. Das einzige, was auf Anhieb geklappt hat, war der letzte Umzug. Hier liegt aber offenbar ein Sonderfall vor. Ich möchte einfach, dass ich im Dezember am neuen Ort ADSL habe. Und bisher konnten Sie mir leider nicht sagen, wer denn nun genau was tun muss, damit es geht.”

Die Frau tat das, was sie eigentlich von Anfang an hätte tun sollen, als sie bemerkte, dass es Probleme mit dieser Nummer gibt: sie versprach einen Rückruf und klärte es intern ab.

Beim zweiten Gespräch eine Viertelstunde später war alles klar. “Ich wusste nicht, dass es solche Fälle gibt, das hatte ich noch nie, tut mir leid. Sie müssten die letzte funktionierende Swisscomnummer des Hauses herausfinden bei den heutigen Bewohnern. Sonst muss ein Elektriker kommen. Da Sie aber Probleme hatten mit uns, machen wir Ihnen dafür gern eine Gutschrift.”

Damit kann ich leben.
Wieso nicht von Anfang an?

Zum anderen Problem, dass mich meine Festnetz-GesprächspartnerInnen nur schlecht hören, seit ich bei Sunrise entbündelt bin, sagte die Kundenberaterin: “Es wundert uns etwas, dass Sie sich deswegen erst nach anderthalb Jahren melden.” – Antwort: “Wenn Sie in meinem Profil anderthalb Jahre zurück gehen können, sehen Sie etwa acht Anfragen diesbezüglich.” – “Sehe ich leider nicht, sorry.” – “Ja, eben. Irgendwann habe ich einfach entnervt aufgegeben und telefoniere nur im Notfall mit dem Festnetz oder rede lauter.”

Telekommunikation im 21. Jahrhundert!

“Und sonst funktioniert alles?” – “Abgesehen von den wiederkehrenden Problemen mit dem Kundendienst, dem zu leisen Festnetz und davon, dass mein 5000kbit-Abo nur 2400-3000kbit leistet, ist alles gut.”

Gut? Na ja.

Epilog: Ich habe schnell mal ein schlechtes Gewissen. Ich werde höchst ungern als einer bezeichnet, der andere als Vollidioten darstellt, wenn ich mich dafür einsetze, dass der Kundendienst bessert. Was ich fast jedesmal bei Sunrise am Telefon erlebe, ist ein einziges grosses CRM-Versagen – und da bin ich nicht alleine. Schade, schade, sehr sehr schade.

Ein Anruf bei der Swisscom zehn Minuten später: 15 Sekunden Wartezeit, eine humorvolle und charmante Frau, die sofort verstand, was ich wollte und mir gekonnt alles Nötige nachschaute und mir nach einer Minute sagte, was Sache ist. So muss das sein.

Sunrise ist günstig – offenbar heisst das, dass man sich mit Leuten herumschlagen muss, die schlecht geschult sind und davon ausgehen, dass man nur darauf aus ist, “andere als Vollidioten hinzustellen”, wenn man eine ganz normale Leistung verlangt.

11 Kommentare

  1. Hihi, dass du dich jetzt sogar mit Kunden«beratern» mit Ostschweizerdialekt herumärgern musst, ist wirklich sehr bedenklich 🙂 nein im Ernst: Wieso kommt mir das alles derart bekannt vor?

    Sunrise hat also definitiv und «ums verrode» (Ostschweizer Ausdruck) die hartnäckige Absicht, sich schön säuberlich einen ähnlichen Ruf bezüglich Kundendienst aufzubauen wie Cablecom, die darunter bis heute leidet, auch wenn der Kundendienst vielleicht sogar besser wurde.

    Aber diesen Ruf wegzukriegen ist fast nicht mehr möglich und wenn dann nur mit einem riesigen Aufwand. Den scheint Sunrise nicht zu scheuen …

  2. Einfach dass das klar ist: Ich schildere solche Fälle jeweils auch Sunrise direkt per Mail, in der Hoffnung, dass man intern Massnahmen ergreift.

    Und damit meine ich nicht, dass die Betroffenen KundenberaterInnen entlassen werden, sondern dass man ihnen am konkreten Beispiel erklärt, was sie das nächste Mal anders machen sollten.

    Dass ich die Geschichten auch öffentlich breitwalze, liegt an der Hoffnung, einen sanften Druck aufzubauen, dass die Situation so wenigstens schneller bessert.

    Ich schildere jede positive Erfahrung mit Sunrise auch noch so gerne – z.B. dass das Mobilnetz tatsächlich wirklich eine ausgezeichnete Qualität hat und dass ich nie Probleme habe mit Surfen via EDGE/UMTS.

    Langsam resigniere ich aber punkto CRM und bin einfach froh, wenn meine zugegebenermassen manchmal speziellen Problemchen einigermassen behoben werden – bin aber gleichzeitig irgendwie betroffen, dass Sunrise es soweit hat kommen lassen.

  3. irgendwie hab ich immer die richtigen ausgewählt – Swisscom fürs Natel, Festnetz bei ilnet (bzw. KNS im Hintergrund). Klappt bei beiden alles wunderbar (wenn nicht gerade, wie gestern, eine Baufirma das Glasfaserkabel von ilnet durchtrennt…), perfekter Kundendienst – und der Wechsel von Swisscom zu ilnet hatte auch absolut einwandfrei geklappt.

    Kleine Anekdote zu ilnet: mein Festnetztelefon zeigte einfach die anrufende Nr nicht an, ilnet wusste nicht wieso. Ihre Lösung: Ich legte mein Telefon in den Briefkasten, sie holten es und deponierten gleichzeitig ein Ersatzgerät. Danach fanden sie heraus, woran es lag und korrigierten diese Einstellung (beim Kabelmodem). Nun deponierte ich mein Ersatztelefon wieder im Briefkasten, sie holten dieses und brachten mein Telefon wieder. Seither funktionierts tiptop.

  4. Irgendwo drohst du doch einer Firma mit Rechtsanwalt wenn sie dich nochmal anrufen oder anschreiben. Dies hab ich mit Sunrise gemacht, seitdem habe ich Ruhe. Ich bin bereit 2x soviel zu zahlen, nur damit Sunrise mich in Ruhe lässt. Gehe übrigens zu Swisscom zurück, auch wenn es dort nicht immer rundläuft und ich keine Liebesbeziehung zu Schrottcom habe. Bin sonst eigentlich auch für eine gesunde Konkurrenz, aber Sunrise – Cablecom – und wie sie alle heissen, haben noch einen weiten Weg. (Kann alles belegen)
    Finde deine Kommentare erfrischend.
    Lieber Gruss, Manfred

  5. Mal gucken, wie’s weitergeht – am Donnerstag kommt ein Elektriker schauen, wie das mit dem Kupferkabel steht am neuen Ort.

    Sunrise kümmert sich nach diesem Artikel vorbildlich um mich, immerhin – aber ich schreibe das ja nicht, damit ich besser bedient werde als das nichtbloggende Volk, sondern damit all jene mit Problemen die Hilfe bekommen, die sie als zahlende Kundinnen und Kunden verdienen…

  6. Bin gespannt wie es weitergeht. Ich bin mir als Althippy nicht sicher zu was tendieren: absoluter Wettbewerb – tiefste Preise (Aldi – Lidl und alle Produzenten in der Armut) und ein Netz, welches nicht mehr unterhalten wird. (Amerika kann da ein Lied singen, schlechteste Netze der Welt, unser moderner Vorreiter für Alles). Ich habe Fragezeichen zu “billigst”, ist dies wirklich die Einstellung die wir brauchen auf dieser Welt? Und da gefallen mir eben die Methoden einer Sunrise nicht, sie gehen auf Kunden los wie im Krieg. Es geht mir gar nicht so um die Technik.

  7. Ich habe zwar ein anderes Problem mit sunrise. Am Schluss ist es aber doch sehr ähnlich. Mein neuer Anbieter (Kabelfernsehen Nidwalden) hat auf Grund der erteilten Volmacht meinen sunrise call Anschluss fristgerecht im Februar gekündigt und die Mitteilung erhalten, dass es sich nicht um einen Sunrise Anschluss handelt. Darauf hin hat er zusätzlich bei Swisscom gekündigt. Ich habe zwar beim Sunrise Kundendienst Berater gefunden, die Einsehen, dass ich wohl keinen Fehler gemacht habe. Mahnungnen und Rechnungen erhalte ich aber seit August weiterhin von sunrise. Neu dazugekommen ist hete, dass keine Anrufe vom Sunrise Netz auf meine Nummer mehr durchgestellt werden.

  8. Übrigens: Telefon und ADSL liefen vom ersten Tag an. Sunrise hat pünktlich umgeschaltet. Einzig an der Hausinstallation gabs ein Problem – darum kümmerte sich ein Stromer. Mit Sunrise klappte beim Umzug alles bestens und tadellos. Gut so!

  9. Es war ein Fehler im Sunrise Netz der dazu geführt hat, dass mein Anschluss für Sunrise Kunden nicht erreichbar war. Die Phase der Sonderangebote und Gratisprodukte ist nun vorbei. Noch immer wird mein Problem nach Schema F behandelt. Der einzige Lichtblick ist, dass ich nun auf mögliche Rechtsnachteile aufmerksam gemacht werde. Damit muss mein Fall zum ersten Mal individuell beurteilt werden. Das KFN (Kabelfernsehen Nidwalden) hat mir bereits im August die Unterstützung in dieser Sache angeboten. Der Link von der Website des KFN zu Sunrise ist auf meine Anregung gelöscht worden. Ich bin gespannt wie lange ich noch über die Fortsetzung dieser Geschichte schreiben kann.

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